Berlin (Reuters) – Die SPD wirft der Union vor, mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zu liebäugeln.
“Friedrich Merz verspricht Steuergeschenke für Spitzenverdiener und Unternehmen, verrät aber nicht, wer das bezahlen soll”, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. “Jetzt kommt raus: Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wird nicht mehr ausgeschlossen.” Das würde nach Meinung von Miersch aber besonders die breite Mitte und Menschen mit niedrigen Einkommen treffen. Die SPD wolle dagegen die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel senken. Der Fokus liege anders als bei der Union auf der Entlastung unterer und mittlerer Einkommen, während die Union Besserverdiener mehr entlaste.
Hintergrund ist eine Äußerung des CDU-Chefs im TV-Duell von Welt und “Bild” am Mittwoch. Darin hatte Merz gesagt: “Ich möchte die Mehrwertsteuer nicht erhöhen.” Auch auf Nachfrage, ob er eine Erhöhung denn ausschließe, blieb er bei diesem Satz. Kanzler Olaf Scholz (SPD) schloss eine Erhöhung dagegen aus und warnte vor einer Wiederholung wie bei der Regierungsbildung 2005. Damals hatte die SPD eine Mehrwertsteuererhöhung abgelehnt, die Union eine Anhebung um zwei Prozentpunkte gefordert. Am Ende beschloss die große Koalition eine Erhöhung um drei Prozentpunkte. Dies sei ein “Disaster” gewesen, das sich nicht wiederholen dürfe, mahnte der SPD-Politiker.
Die Anhebung des regulären Mehrwertsteuersatzes von 19 auf 20 Prozent brächte dem Staat Zusatzeinnahmen von rund 16 Milliarden Euro im Jahr. Da mehrere Wirtschaftinstitute eine erhebliche Finanzierungslücke für die versprochenen Steuersenkungen der Parteien ausmachen, hatte etwa das ifo-Institut berechnet, wie stark die Mehrwertsteuer zur Finanzierung der Wahlprogramme steigen müsste. Bei der Union wäre dies rechnerisch eine Anhebung auf 24,4 Prozent, bei der SPD lediglich auf 19,4 Prozent, weil die Sozialdemokraten wie die Grünen etwa auch Spitzenverdiener stärker belasten wollen.
(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)