Johannesburg/Frankfurt (Reuters) – Die europäische Essensliefer-Branche steht offenbar vor einer Neuordnung.
Der Delivery-Hero-Großaktionär Prosus legte am Montag ein Übernahmeangebot für Just Eat Takeaway vor, um einen “europäischen Champion” zu formen. “Prosus verfügt bereits über ein umfangreiches Portfolio an Lebensmittel-Lieferanten außerhalb Europas und kann auf eine Erfolgsbilanz mit profitablem Wachstum verweisen”, sagte Fabricio Bloisi, der Chef des Technologie-Investors. Das Management von Just Eat unterstützt nach eigenen Angaben die Übernahme einstimmig.
Der niederländische Finanzinvestor Prosus, der seinerseits vom südafrikanischen Konzern Naspers kontrolliert wird, bietet den bisherigen Eignern von Just Eat 20,30 Euro je Aktie. “Einige Analysten sehen dies als ersten Schritt zu einer Fusion mit Delivery Hero”, sagte ein Börsianer. Prosus-Chef Bloisi betonte allerdings auf Nachfrage, dass es hierfür bislang keine Pläne gebe. Delivery Hero mit Sitz in Berlin war für einen Kommentar zu diesem Thema zunächst nicht zu erreichen.
Mit einem Anteil von 28 Prozent ist Prosus der mit Abstand größte Aktionär bei Delivery Hero. Das Berliner Unternehmen ist hauptsächlich im Ausland aktiv. Zum Konzern gehören unter anderem Glovo in Spanien und diverse Foodpanda-Ableger in Asien, von denen sich Delivery Hero aber trennen will. Wachstumstreiber waren zuletzt die Nahost-Tochter Talabat und “Pedidosya” in Südamerika, die dem Konzern 2024 ein überraschend starkes Ergebnis bescherten.
AKTIEN VON JUST EAT UND DELIVERY HERO HEBEN AB
Als Reaktion auf das Übernahmeangebot stiegen die Aktien von Just Eat an der Amsterdamer Börse um fast 56 Prozent, so stark wie noch nie. Mit 19,36 Euro markierten sie den höchsten Stand seit zwei Jahren. Die Papiere von Delivery Hero verteuerten sich um gut zehn Prozent. Gefragt waren auch die Titel von Konkurrenten wie Deliveroo und die “Wolt”-Mutter DoorDash. Prosus und Naspers verbuchten dagegen Kursverluste von jeweils mehr als sieben Prozent.
Just Eat geht mit einem Gewinnsprung in die Übernahme: Dank besserer Geschäfte in den Kernmärkten Großbritannien und Irland steigerte der größte europäische Essenslieferant den bereinigten Betriebsgewinn 2024 um 36 Prozent auf 460 Millionen Euro. “Wir haben unsere Produkte weiterentwickelt und neue Partner gewonnen, insbesondere in den Bereichen Lebensmittel, Elektronik und Pharmazie”, sagte Unternehmenschef Jitse Groen. Für 2025 stellte er ein operatives Ergebnis zwischen 360 und 380 Millionen Euro in Aussicht. Das über die Plattform gehandelte Brutto-Warenvolumen werde voraussichtlich um vier bis acht Prozent wachsen, nachdem es 2024 währungsbereinigt um zwei Prozent auf 26,3 Milliarden Euro geschrumpft war.
Das GMV von Delivery Hero wuchs im vergangenen Jahr dagegen um gut acht Prozent auf 48,75 Milliarden Euro. Der Berliner Konzern peilt hier ein Plus von acht bis zehn Prozent an. Der Betriebsgewinn werde voraussichtlich die Marke von einer Milliarde Euro erreichen. Mit einer Marktkapitalisierung von etwa 8,4 Milliarden Euro wird Delivery Hero an der Börse etwas mehr als doppelt so hoch bewertet wie Just Eat.
Der Finanzinvestor Prosus hält auch Anteile am deutschen Schnelllieferservice Flink sowie an den Essenslieferanten iFood aus Brasilien und Swiggy aus Indien. Die wichtigste Beteiligung ist jedoch Tencent, der weltgrößte Videospiele-Anbieter aus China.
(Bericht von Hakan Ersen, Nqobile Dludla, Leo Marchandon und Michal Aleksandrowicz, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)