CDU und Kukies lehnen Schuldenbremse-Reform mit altem Bundestag ab

Berlin (Reuters) – CDU-Politiker und Finanzminister Jörg Kukies haben zurückhaltend auf Überlegungen reagiert, die Schuldenbremse noch vor der Konstituierung des neuen Bundestages zu reformieren.

“Ich bin nicht der Auffassung, dass es notwendig ist, die Schuldenbremse zu reformieren”, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, am Montag in Berlin. “Ich halte das für unrealistisch”, sagte Finanzminister Kukies (SPD) in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lehnte einen “Schnellschuss” ab. Dagegen drängten Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock darauf, dass der Bundestag noch in alter Zusammensetzung mit einer Zweidrittel-Mehrheit die Schuldenbremse reformiert.

Hintergrund der neuen Debatte ist das Ergebnis der Bundestagswahl, nach dem AfD und Linke eine Sperrminorität im neuen Bundestag haben. Zur Reform der Schuldenbremse oder der Einrichtung einer neuen Kreditlinie etwa für die Bundeswehr oder für Investitionen braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat, die AfD und die Linke zusammen verhindern könnten. Der Linke-Vorsitzende Jan van Aken deutete am Sonntagabend an, dass seine Partei bei neuen Milliarden-Krediten für Verteidigungsausgaben nicht mitstimmen würde. Der alte Bundestag könnte rein formell noch vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages, die nach Angaben der Parlamentsverwaltung voraussichtlich am 24. oder 25. März stattfinden wird, Gesetze und auch eine Reform der Schuldenbremse beschließen.

Finanzminister Kukies sagte, für ein solches Manöver gebe es viel zu wenig Zeit. “Aus meiner Sicht wäre es auch ein fragwürdiges politisches Signal, wenn man jetzt noch mit einer alten Mehrheit noch Verfassungsänderungen machen würde”, fügte der SPD-Politiker hinzu. Die Entscheidung liege aber letztlich beim Parlament.

Auch Sachsens Ministerpräsident Kretschmer lehnte dies ab. “Das Parlament ist am Ende”, sagte er. Das Wahlergebnis zeige die Zerrissenheit des Landes, mit der man nun umgehen müsse. “Wenn man die Verschuldungsregeln ändern will, muss man es eben auch mit der Linkspartei besprechen”, betonte er und verwies auf die ebenfalls schwierige politische Situation in Sachsen. “Das ist nun mal so.”

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) reagierte ausweichend auf die Debatte: “Wir müssen jetzt heute uns mal ganz genau die Zahlen anschauen und daraus auch die Konsequenz ziehen, was jetzt auf der Agenda steht.” Vor allem die CDU-Ministerpräsidenten drängen im Hintergrund eigentlich auf eine Reform, weil sie anders als der Bund keinerlei Verschuldungsmöglichkeit in der im Grundgesetz verankerten Begrenzung der Kreditaufnahme haben.

Wirtschaftsminister Habeck verteidigte dagegen seinen Vorschlag einer schnellen Reform, den auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gemacht hatte. Es werde mehr Geld für Verteidigung und für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft erforderlich sein. Er hatte bereits Sonntagabend vorgeschlagen, die Frage der Schuldenbremse vor den eigentlichen Koalitionsverhandlungen zu klären.

Der CDU-Politiker Frei äußerte prinzipielle Zweifel: Der Staat habe etwa 1000 Milliarden Euro Steuereinnahmen pro Jahr, sagte er. “Deswegen erfordert die Situation eine Neupriorisierung staatlicher Aufgaben. Das ist anstrengend, das ist anspruchsvoll, aber dem muss sich auch eine neue Bundesregierung unterziehen”, betonte er.

(Bericht von Andreas Rinke, Christian Krämer, Holger Hansen, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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