Essen (Reuters) – Der Energiekonzern E.ON treibt mit Milliardensummen den Ausbau und die Modernisierung seiner Stromnetze voran, fordert aber von einer neuen Bundesregierung bessere Rahmenbedingungen.
Der Bedarf an Netzausbau und Digitalisierung sei immens, sagte Vorstandschef Leonhard Birnbaum am Mittwoch bei der Vorstellung der Zahlen zum Geschäftsjahr 2024. E.ON sei bereit, weiter zu investieren. “Die Voraussetzung in Deutschland ist eine Verzinsung unserer Netzinvestitionen, die im internationalen Vergleich angemessen ist.” Birnbaum bezog sich damit auf die Vergütungen, die für den Strombereich ab 2029 von der Bundesnetzagentur festgelegt werden müssen.
Die Stromnetze spielen eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Der Ausbau der Übertragungsnetze, der Stromautobahnen, wird voraussichtlich bis zur Endstufe der Energiewende über 300 Milliarden Euro kosten. Dazu kommen die Verteilnetze, die nach Schätzungen in den nächsten zehn Jahren über 100 Milliarden Euro kosten werden. E.ON betreibt allein etwa 700.000 Kilometer. In den nächsten Jahren dürften wegen der Investitionen die Netze zum größten Treiber der Energiekosten werden. Derzeit machen Netzkosten bei Haushaltskunden etwa ein Viertel des Strompreises aus.
Im vergangenen Jahr steigerte E.ON seine Investitionen um rund eine Milliarde Euro auf einen Wert von 7,5 Milliarden Euro – so hoch wie noch nie. “Wir brauchen eine bessere Eigenkapitalverzinsung. Das ist ganz klar”, betonte Birnbaum. “Bei dem momentanen Regulierungsregime haben wir keine ausreichende Verzinsung.” Ansonsten könne der Konzern nicht die Investitionen tätigen, die gewünscht seien. Es gebe hunderte Stellgrößen für ein Regulierungsregime. “Am Ende kommt es uns auf das Gesamtsystem an.” Er wolle aber keine Zielzahl für irgendeinen Parameter nennen. Ob die Renditen ausreichten, sei noch nicht absehbar. “Deshalb haben wir eine Entscheidung getroffen: Solange wir keine Transparenz über die deutsche Regulierung haben, werden wir unser im März 2024 angekündigtes Investitionsprogramm bis auf Weiteres nicht ausweiten.” Dies sieht von 2024 bis 2028 Investitionen von 43 Milliarden Euro vor.
Der größte deutsche Verteilnetzbetreiber stößt damit ins gleiche Horn wie zahlreiche Vertreter der Branche. “Wir brauchen eine regulatorische Eigenkapitalverzinsung von über 7,5 Prozent nach Steuern, was etwas mehr als neun Prozent vor Steuern entspricht”, hatte der Chef des Übertragungsnetzbetreibers Amprion, Christoph Müller, der Nachrichtenagentur Reuters gesagt. Nach der Niedrigzinsphase habe die Bundesnetzagentur vor rund 18 Monaten einen Eigenkapitalzinssatz von sieben Prozent vor Steuern für Neuanlagen festgelegt. Wenn sich daran nichts ändere, sei die Finanzierung von Projekten schwierig. Details zu den Berechnungen würden noch in diesem Jahr erwartet.
OPERATIVER GEWINN SOLL IN KOMMENDEN JAHREN STEIGEN
Die E.ON-Aktie legte am Mittwoch zeitweise um knapp vier Prozent zu. Händler verwiesen unter anderem auf den Ausblick des Konzerns. Im vergangenen Jahr schrumpfte das Ergebnis im Rahmen der Prognose zwar um drei Prozent auf 9,0 Milliarden Euro. Für 2025 peilt E.ON jedoch einen Wert zwischen 9,6 und 9,8 Milliarden Euro an. Bis 2028 will der Dax-Konzern den Wert auf mehr als 11,3 Milliarden Euro steigern, bislang waren mehr als elf Milliarden Euro angepeilt worden.
“E.ON ist hervorragend aufgestellt, um in den kommenden Jahren profitabel zu wachsen”, sagte Finanzchefin Nadia Jakobi. Zwischen 2024 und 2028 strebe E.ON an, sein zugrundeliegendes bereinigtes Ergebniswachstum jährlich im hohen einstelligen Prozentbereich zu steigern. Von dem Wachstum sollen auch die Aktionäre mit einer höheren Dividende profitieren. Für das vergangene Jahr sollen sie eine Ausschüttung von 0,55 Euro je Anteilsschein erhalten, nach zuletzt 0,53 Euro.
(Bericht von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz, Vera Eckert, Markus Wacket, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)