Russland greift nach US-Militärhilfestopp ukrainische Energieversorgung an

Kiew (Reuters) – Bei dem ersten großen Luftangriff seit dem Stopp der US-Militärhilfe hat Russland die Energie- und Gasinfrastruktur der Ukraine massiv attackiert.

Die russische Luftwaffe setzte dabei in der Nacht auf Freitag 67 Raketen und 194 Drohnen ein, wie das ukrainische Militär mitteilte. Davon seien 34 Raketen und 100 Drohnen abgeschossen worden. Energieminister Herman Haluschtschenko erklärte, die Energie- und Gasinfrastruktur sei in mehreren Regionen der Ukraine massiv angegriffen worden. In den Städten Charkiw im Nordosten und Ternopil im Westen sowie in der Region Poltawa im Zentrum des Landes wurden Schäden gemeldet. In Charkiw wurden acht Menschen verletzt, in Poltawa zwei, darunter ein Kind. Die USA hatten ihre Militärhilfe und auch die Weitergabe von Satelliteninformationen über Bewegungen des russischen Militärs Anfang der Woche ausgesetzt, weil sie der Ukraine mangelnden Willen zum Frieden vorwarfen.

“Der erste Schritt zur Herstellung eines echten Friedens sollte sein, Russland, die einzige Quelle dieses Krieges, dazu zu zwingen, solche Angriffe zu stoppen”, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf der Online-Plattform Telegram als Reaktion auf den neuen Luftangriff. “Die Ukraine ist bereit, den Weg zum Frieden zu gehen, und sie strebt von der ersten Sekunde dieses Krieges an nach Frieden. Die Aufgabe ist es, Russland zu zwingen, den Krieg zu stoppen.” Energieminister Haluschtschenko sprach von einem massiven Beschuss von Energie- und Gasinfrastrukturen in mehreren Regionen durch Raketen und Drohnen. “Russland setzt seinen Energieterror fort”, sagte Galuschenko.

Die USA hatten nach dem offenen Streit zwischen Präsident Donald Trump und Selenskyj im Weißen Haus ihre militärische Unterstützung Anfang dieser Woche einstweilen gestoppt. Auch die Weitergabe von Geheimdienstinformationen wie Daten von Überwachungssatelliten wurde ausgesetzt. Der Schritt könnte die Fähigkeit des ukrainischen Militärs, russische Streitkräfte ins Visier zu nehmen sowie den Nachschub für die Luftabwehr, schwer beeinträchtigen. Trump warf nach dem Streit im Weißen Haus Selenskyj vor, seinen Plänen, einen Frieden zwischen der Ukraine und Russland auszuhandeln, im Wege zu stehen. Selenskyj bemühte sich danach wieder um eine Annäherung. Er nannte den Streit vor laufenden Kameras bedauerlich und erklärte, die Ukraine sei zu baldigen Verhandlungen bereit. Laut dem US-Sondergesandten Steve Witkoff ist in der nächsten Woche ein Treffen mit Vertretern der Ukraine über ein Friedensabkommen in Saudi-Arabien geplant.

Der ukrainische Energiestaatskonzern Naftogaz erklärte, dass bei den russischen Luftangriffen Gasproduktionsanlagen beschädigt worden seien. Der größte private Energieversorger DTEK stellte die Gasproduktion in seinen Anlagen in der zentralen Region Poltawa ein, nachdem es bei dem Angriff zu erheblichen Schäden gekommen sei. Russland hat den ukrainischen Energiesektor während des gesamten Krieges immer wieder mit Raketen und Drohnen attackiert. Dabei wurde etwa die Hälfte der ukrainischen Stromerzeugungskapazitäten ausgeschaltet, häufig kommt es zu Stromausfällen. In diesem Jahr hat Russland seine Luftangriffe verstärkt auf die Infrastruktur für Erdgas konzentriert, das von Industrieunternehmen aber auch von der Bevölkerung zum Heizen und Kochen gebraucht wird.

(Bericht von Anastasiia Malenko, Olena Harmash und Tom Balmforth, geschrieben von Christian Götz.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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