(mit Details, ADV, BDL, Verdi)
– von Klaus Lauer
Berlin (Reuters) – Der Großstreik von Verdi hat 13 deutsche Flughäfen am Montag fast komplett lahmgelegt.
Mit dem 24-stündigen Arbeitskampf will die Gewerkschaft in den beiden Tarifkonflikten des Öffentlichen Dienstes und bei den Luftsicherheitskräften den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Der Flughafenverband ADV rechnet mit dem Ausfall von knapp 3500 Flügen sowie rund 560.000 betroffenen Passagieren und sprach von einem “Monsterstreik”. Auch am Dienstag dürfte es noch Beeinträchtigungen mit Verspätungen und vereinzelten Flugstreichungen geben. “Mit dem Streik an den deutschen Flughäfen wird eine neue Eskalationsstufe erreicht, die mit einem Warnstreik nichts mehr zu tun hat und nicht weiter hinnehmbar ist”, kritisierte Hauptgeschäftsführer Joachim Lang vom Luftfahrtverband BDL. Die Gewerkschaft verteidigte ihr Vorgehen und rief erneut zehntausende Beschäftigte zu Warnstreiks auf.
Vor der nächsten Verhandlungsrunde im Öffentlichen Dienst am Freitag werde man den Arbeitgebern klar signalisieren, “dass wir durchsetzungsfähig sind”, sagte Verdi-Chef Frank Werneke. “Das wird in den kommenden Tagen noch einmal deutlich gemacht.” Die bundesweiten Arbeitsniederlegungen in dieser Woche betreffen die gesamte Breite – von Flughäfen über Abfallentsorgung bis zu Wasserstraßen. Verdi fordert acht Prozent mehr Lohn oder mindestens 350 Euro mehr.
Die beiden Warnstreiks zu Wochenbeginn treffen die Airports in Frankfurt, München, Stuttgart, Köln/Bonn, Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Bremen, Hamburg, Berlin-Brandenburg und Leipzig-Halle. An den Flughäfen in Weeze am Niederrhein und in Karlsruhe/Baden-Baden ist nur das Luftsicherheitspersonal zum Arbeitskampf aufgerufen. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt seien von geplanten 1116 Flügen bereits rund 1050 gestrichen, sagte ein Sprecher des Betreibers Fraport. Es könnten aber noch mehr werden. Den Flughafen Frankfurt werde am Montag kein Passagierflugzeug verlassen. Allerdings gibt es wie an den anderen deutschen Airports sogenannte Leerflüge ohne Passagiere. Denn die Flugzeuge müssen am Dienstag dort sein, wo sie laut Flugplan gebraucht werden. Fraport kündigte an, dass es auch am Dienstag noch zu Unregelmäßigkeiten im Flugbetrieb kommen könne. Es seien Verspätungen oder einzelne Flugstreichungen möglich.
An den meisten der 13 Airports sind keine Abflüge möglich und auch viele Ankünfte gestrichen. “Weil die Fluggäste die bestreikte Passagierkontrollstelle heute nicht passieren können, mussten alle für heute geplanten 143 Abflüge für Hamburg gestrichen werden oder finden ohne Passagiere statt, um Crews und Maschinen da zu haben, wo sie gebraucht werden”, teilte der Flughafen Hamburg mit. “In den Terminals herrscht zum großen Teil gähnende Leere.” Verdi hatte mit einem unangekündigten Streik bei der Flugzeugabfertigung bereits am Sonntag den Flughafen Hamburg zum Ferienbeginn fast lahmgelegt – die Zahlen des Flughafenverbands ADV schließen diesen Streik mit ein.
Die Lufthansa nannte zunächst keine konkrete Zahl, wie viele ihrer Flüge ausfallen. “Es wird am Streiktag zu Verspätungen und weitreichenden Streichungen auf allen Flügen der Lufthansa Group Airlines von und nach den betroffenen Flughäfen kommen”, teilte der Konzern mit. Lufthansa habe einen Sonderflugplan veröffentlicht und versuche, nach Streikende möglichst schnell zu einem stabilen Flugplan zurückzukehren.
ZWEI TARIFKONFLIKTE – EIN GROSSSTREIK
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) kritisierte, dass vor allem Unternehmen betroffen seien, die nicht am Verhandlungstisch säßen. Der BDL bekräftigte seine Forderung, ein Streikgesetz einzuführen. “Insbesondere kritische Infrastruktur ist davor zu schützen, von anderen Tarifkonflikten in Geiselhaft genommen zu werden”, betonte Verbandsexperte Lang. Auch ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel plädierte für gesetzliche Regeln, “die sicherstellen, dass Streiks an Flughäfen nur unter bestimmten Bedingungen und mit angemessenen Vorankündigungen durchgeführt werden dürfen”.
Zum Arbeitskampf aufgerufen hat die Gewerkschaft die Beschäftigten an den betroffenen Flughäfen, die unter den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes fallen sowie die rund 23.000 Beschäftigten der Bodenverkehrsdienstleister an den großen deutschen Airports. Darüber hinaus hat Verdi die Belegschaft im Luftsicherheitsbereich aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. Hier handelt es sich um Beschäftigte, die Fluggäste, Personal, Waren und Fracht kontrollieren oder in Service-Bereichen tätig sind. Verdi verhandelt mit dem Arbeitgeberverband BDLS über einen neuen Manteltarifvertrag, mit dem die Arbeitsbedingungen für die Luftsicherheitsfachkräfte verbessert werden sollen. Die Gewerkschaft will auch hier Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 26./27. März angesetzt. Der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) hat die Streiks heftig kritisiert und sieht sie als Beleg für “die Maßlosigkeit seitens der Gewerkschaften”.
(Bericht von Reuters TV und Klaus Lauer, redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)