München (Reuters) – Zum dritten Mal in sechs Jahren ist der westfälische Damenmodehersteller Gerry Weber in Schieflage geraten und soll nun verkauft werden.
Für die Holding Gerry Weber International GmbH (GWI) wurde ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung genehmigt, wie das Amtsgericht Bielefeld mitteilte. Womöglich müssen auch Tochterfirmen Insolvenz anmelden. Als Chef-Sanierer wurde der Branchenexperte Christian Gerloff engagiert, der schon bei den Insolvenzen von Escada und den Adler-Modemärkten beraten hatte. Grund für die Pleite seien unerwartet schwache Orders aus dem Einzelhandel für den Sommer, teilte Gerry Weber am Dienstag in Halle in Westfalen mit. Zudem sei ein Vertriebspartner in finanziellen Problemen. Das Weihnachtsgeschäft war in der ganzen Branche nicht gut gelaufen.
“Um eine solche Kumulation von unerwarteten Krisenfaktoren finanziell zu kompensieren, hat das Unternehmen noch nicht genug Speck angesetzt”, erklärte Gerloff. “Das anhaltend schwache Konsumklima in Deutschland und anderen Teilen Europas führt dazu, dass wir Strategie und Strukturen des Unternehmens nochmals werden anpassen müssen.” Gerry Weber beschäftigt nach Angaben eines Sprechers noch rund 1000 Mitarbeiter, davon sind 230 als Mitarbeiter der GWI direkt von der Insolvenz betroffen. Im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bleibt das Management im Amt, bekommt mit Sachwalter Lucas Flöther aber einen Aufpasser.
Das operative Geschäft soll weitergehen. Die Eigentümer, die Hedgefonds Robus und Whitebox sowie die US-Investmentbank JP Morgan, stellten dafür Geld zur Verfügung. Zugleich geht Gerloff auf die Suche nach einem neuen Eigentümer. Die Zeit drängt, denn die nächste Orderrunde steht bereits im April/Mai bevor. Bis dahin müsse Klarheit herrschen, erklärte der Sanierer.
Erst 2023 hatten die Gläubiger von Gerry Weber mit einem Forderungsverzicht den Weg für eine Entschuldung des 50 Jahre zuvor gegründeten Unternehmens freigemacht. Es war einer der ersten Sanierungsfälle, in dem das vorinsolvenzliche Verfahren nach dem StaRUG-Gesetz (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) zum Einsatz kam. Damals gingen nur die Einzelhandels-Tochter Gerry Weber Retail und die Österreich-Tochter in Insolvenz. Die Finanzinvestoren stellten neue Kredite bereit. Gerry Weber konzentrierte sich wieder auf den Großhandel und schloss einen Teil der eigenen Läden. Schon 2019 hatte das Unternehmen ein Insolvenzverfahren durchlaufen.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)