Berlin (Reuters) – Der Verband Deutscher Reeder (VDR) dringt zum Schutz der Handelsschifffahrt auf mehr Präsenz der Marine.
“Als führende Exportnation und rohstoffarmes Land sind wir auf gesicherte und freie Handels- und Seewege angewiesen”, erklärte VDR-Hauptgeschäftsführer Martin Kröger am Dienstag anlässlich der VDR-Jahrespressekonferenz in Hamburg. Notwendig sei außerdem eine maritime Sicherheitsstrategie und eine intensivere Kooperation zwischen Sicherheitsbehörden und der Handelsflotte. “Sicherheit kostet – Zögern kostet mehr”, so Kröger. Wachsende Spannungen auf Seewegen weltweit bergen demnach “das erhebliche Risiko von Angriffen auch auf deutsche Handelsschiffe und Blockaden wichtiger Seestrecken für den deutschen Im- und Export”.
Die Einsatzfähigkeit der Marine müsse gestärkt werden, forderte der VDR. Als Risikogebiet nennt der Verband unter anderem die Nord- und Ostsee, nachdem in der Ostsee Kabel mutmaßlich absichtlich beschädigt wurden und Experten ähnliche Sabotage-Akte auch in der Nordsee befürchten. Sorgen bereiten der Branche längst neben dem Roten Meer und dem Schwarzen Meer auch das Südchinesische Meer sowie die Straße von Taiwan. Die meisten Reedereien meiden bereits seit weit über einem Jahr das Rote Meer, nachdem es dort Angriffe von Huthi-Rebellen aus dem Jemen auf Handelsschiffe gegeben hat. Das Schwarze Meer ist vom Ukraine-Krieg betroffen, in Asien sorgen Gebietsstreitigkeiten mit China und der Taiwan-Konflikt für Spannungen.
“Ohne eine starke, eigenständige Handelsschifffahrt gibt es weder wirtschaftliche Stabilität noch nationale Sicherheit – gerade in Zeiten, in denen die geo- und handelspolitischen Risiken stetig zunehmen”, betonte VDR-Präsidentin Gaby Bornheim. Rund 62 Prozent der deutschen Exporte und 60 Prozent der Importe würden über See abgewickelt.
MITTELSTAND DOMINIERT DEUTSCHLANDS REEDEREI-BRANCHE
Trotz bekannter Namen wie Hapag-Lloyd als fünftgrößte Container-Reederei der Welt ist die deutsche Reederei-Branche mittelständisch geprägt: 80 Prozent der Unternehmen haben laut VDR weniger als zehn Schiffe. Insgesamt gibt es demnach in Deutschland fast 290 Reedereien mit einer Flotte von 1764 Schiffen. Weltweit gesehen ist das in der Handelsschifffahrt Platz sieben. Jedes zweite dieser Schiffe fährt dem VDR zufolge unter der Flagge eines EU-Landes, so 399 unter portugiesischer und 258 unter deutscher Flagge. Aus Kostengründen sind viele Schiffe aber auch im Karibik-Inselstaat Antigua und Barbuda sowie im westafrikanischen Liberia registriert.
TRUMPS ZÖLLE UND HAFENGEBÜHREN: “ERHEBLICHE VERUNSICHERUNG”
Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump blickt auch die internationale Schifffahrtsbranche mit Sorge auf die US-Handelspolitik, die von neuen Zöllen geprägt ist. Zuletzt wurden zudem Pläne bekannt, hohe Hafengebühren für Reedereien zu erheben, die Schiffe aus chinesischen Werften in ihrer Flotte haben. Laut dem World Shipping Council könnten die Gebühren damit praktisch für alle die USA anlaufenden Schiffe gelten. Der VDR spricht in diesem Zusammenhang von “erheblicher Verunsicherung” auch in Deutschlands Handelsflotte.
Der VDR beklagt zudem, dass Bürokratie das Wachstum der Branche hemme. “Neben den geo- und handelspolitischen Unsicherheiten werden gerade deutsche Reedereien mit einem immer dichter werdenden Verwaltungsdschungel in Europa konfrontiert. Doppelte Meldepflichten und regionale Sonderregelungen im Klimaschutz belasteten den Schiffsbetrieb unnötig und minderten die Wettbewerbsfähigkeit. “Es ist höchste Zeit, dass Europa und Deutschland ihre zweifelhafte Führungsrolle in überbordender Bürokratie und in regionalen Sonderregelungen ablegen.”
(Bericht von Elke Ahlswede, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)