Verfassungsrechtler Kube hat keine Bedenken gegen Finanzpaket

Berlin (Reuters) – Der renommierte Verfassungsrechtler Hanno Kube sieht bei dem von Union und SPD geplanten Milliarden-Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur keine Bedenken.

Dies sei “verfassungsrechtlich unproblematisch”, heißt es in seiner am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme für eine Anhörung des Haushaltausschusses am Donnerstag. Die geplante Lockerung der Schuldenbremse für eine höhere Verschuldung der Länder sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Heidelberger Professor war im November 2023 über die Fachwelt hinaus durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds bekanntgeworden. Kube hatte als Rechtsvertreter der Unions-Fraktion die 60-Milliarden-Klage gewonnen, die am Ende die Ampel-Regierung zu Fall brachte.

Auch das Verfahren zur geplanten Beschlussfassung ist aus Kubes Sicht nicht zu beanstanden. Es sei davon auszugehen, dass der Bundestag noch in alter Zusammensetzung die Grundgesetzänderungen beschließen dürfe. “In der Sache verfügt der Bundestag bis zu seiner letzten Sitzung über alle ihm zustehenden Kompetenzen einschließlich der Kompetenz, verfassungsändernde Gesetze zu beschließen”, schreibt Kube.

Auch die von der SPD benannte Rechtsprofessorin Sina Fontana bringt keine Bedenken vor. “Es ist verfassungsrechtlich zulässig, dass der alte Bundestag nach einer durchgeführten Bundestagswahl noch gesetzgeberisch tätig wird”, heißt es in ihrer Stellungnahme. Auch gegen die rasche Beschlussfassung bestünden mit Blick auf die vorgesehene Verfahrensdauer “keine verfassungsrechtlichen Bedenken”.

WIRTSCHAFTSWEISE GRIMM WARNT VOR GIGANTISCHEN SCHULDEN

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm warnt in ihrer Stellungnahme vor den fiskalischen Folgen des geplanten Pakets. “Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen könnte sich die jährliche strukturelle Kreditaufnahme um aktuell etwa 173 Milliarden Euro erhöhen, wenn davon ausgegangen wird, dass Deutschland einen Verteidigungsetat von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen möchte”, schreibt Grimm. Die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten nach ihren Worten verschiedene Herausforderungen adressieren, die auf dem Weg in eine wehrhafte und resiliente Gesellschaft gemeistert werden müssten. “Aufgrund ihrer Ausgestaltung besteht allerdings die Gefahr, dass ihre negativen Auswirkungen überwiegen und so die angestrebte Wirkung konterkariert wird”, schreibt die Ökonomin, die auch Mitglied des Sachverständigenrates durch Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist.

Union und SPD wollen ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur schaffen, Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des BIP von der Schuldenbremse ausnehmen und den Ländern Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des BIP ermöglichen. Dafür muss das Grundgesetz geändert werden. Der Bundestag soll darüber am Donnerstag beraten und am Dienstag nächster Woche in alter Zusammensetzung die Änderungen beschließen. Bisher fehlt Schwarz-Rot für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit aber die Zustimmung der Grünen. Zudem haben AfD und die Linke Klagen gegen das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Sabine Ehrhardt Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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