Russland und Ukraine werfen einander Angriffe trotz Moratoriums vor

– von Lidia Kelly und Pavel Polityuk

Moskau/Kiew/Washington (Reuters) – Russland und die Ukraine haben sich unmittelbar nach einer vereinbarten Einschränkung ihrer Angriffe Wortbruch vorgeworfen.

Das ukrainische Militär erklärte am Mittwoch, russische Attacken hätten Infrastruktur wie Krankenhäuser, Wohnhäuser und die Energieversorgung getroffen. Russland wiederum warf der Regierung in Kiew vor, ein Öl-Depot ins Visier genommen zu haben. Eigentlich hatten sich beide Seiten nach einem Telefonat von US-Präsident Donald Trump mit dem russischen Kollegen Wladimir Putin bereiterklärt, Angriffe auf die Energie-Infrastruktur zu unterlassen.

Putin hatte bei dem Telefonat am Dienstag allerdings eine komplette 30-tägige Feuerpause abgelehnt, wie sie von Trump vorgeschlagen und von Selenskyj angenommen worden war. Die Ukraine wirft der Regierung in Moskau vor, insgesamt nicht an einem Frieden interessiert zu sein. Bundesverteidigungsminister Pistorius bezeichnete die Vereinbarung zwischen Putin und Trump als wenig hilfreich. “Das ist eigentlich nichts”, sagte der SPD-Politiker im ZDF. Pistorius warf Putin vor, ein Spiel zu spielen.

Umgesetzt wurde dagegen nach Angaben beider Kriegsparteien ein Austausch von jeweils 175 Kriegsgefangenen. Russland übergab zudem 22 schwer verwundete ukrainische Gefangene, wie sie bestätigten. Selenskyj zufolge war es der größte Austausch seiner Art. Der ukrainische Präsident telefonierte im Laufe des Tages auch mit Trump. Dieser erklärte anschließend, man sei “auf einem sehr guten Weg”.

EU STELLT VORSTOSS ZUR AUFRÜSTUNG VOR

Der russischen Zeitung “Kommersant” zufolge will Putin, dass Trump alle vier von Russland teilweise kontrollierten ukrainischen Regionen und die Krim formell als russisches Staatsgebiet anerkennt. Das Blatt berief sich auf Insider, die am Dienstag an einer nicht-öffentlichen Wirtschaftsveranstaltung mit Putin teilgenommen hätten. Im Gegenzug werde Putin darauf verzichten, Anspruch auf die ukrainische Hafenstadt Odessa und andere ukrainische Gebiete zu erheben. Auf den “Kommersant”-Bericht angesprochen, sagte der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow, Putin und Trump hätten dies nicht bei ihrem Telefonat erörtert.

Die EU-Kommission legte unterdessen ihr Weißbuch zum Ausbau der gemeinsamen Verteidigung in Europa vor. Darin forderte sie höhere Ausgaben, gemeinsame Wehrprojekte und Rüstungskäufe in Europa. Nach Darstellung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas ist die russische Wirtschaft inzwischen komplett im Kriegsmodus: Im russischen Staatshaushalt flössen 40 Prozent des Geldes in das Militär, sagte sie. “Unabhängig von den laufenden Friedensverhandlungen für die Ukraine ist das eine langfristige Investition in einen langfristigen aggressiven Plan.” Die europäischen Rüstungspläne werden auch von Zweifeln an der Bereitschaft der USA genährt, nach der Wiederwahl von Trump die traditionellen Verteidigungszusagen einzuhalten.

(Weitere Berichterstattung: Dmitry Antonow, Sabine Ehrhardt und Yuliia Dysa; Geschrieben von Scot W. Stevenson; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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