Washington (Reuters) – Die US-Notenbank pausiert erneut und ist trotz der Politikwende in Washington noch zu Zinssenkungen im laufenden Jahr bereit.
Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beschlossen am Mittwoch, den Schlüsselsatz in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent zu halten. Sie avisierten zugleich, dass das Niveau bis Ende des Jahres um insgesamt einen halben Prozentpunkt sinken könnte. Die Notenbanker änderten damit nichts an ihrem Zinsausblick vom Dezember. Ein erster Schritt nach unten dürfte schon auf der übernächsten Sitzung im Juni anstehen, wenn die Händler an den Terminmärkten mit ihrer Erwartung richtig liegen.
Powell betonte auch mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump angestoßene Zollpolitik, die damit verbundene Unsicherheit sei hoch. In diesem Umfeld sei man gut beraten abzuwarten, bis sich mehr Klarheit ergebe. Trump, der am 20. Januar ins Weiße Haus einzog, hat einen Handelskrieg mit China, den Nachbarn Kanada und Mexiko sowie auch der EU angezettelt. Strafzölle bergen nach Ansicht vieler Fachleute neue Inflationsgefahr – eine düstere Aussicht, die unter Investoren bereits Rezessionsängste aufkommen ließ. Durch die Zölle dürften sich Einfuhren aus den betroffenen Ländern verteuern.
Laut Powell ist jedoch das Basisszenario, dass sich diese Inflationseffekte als vorübergehend erweisen dürften. Doch sei es noch zu früh, die Auswirkungen der von dem Staatschef eingeleiteten Veränderungen abschließend zu bewerten. Die Währungshüter stellen sich allerdings darauf ein, dass sich dieses Jahr ein schwächeres Wirtschaftswachstum von nur noch 1,7 Prozent einstellen wird. Im Dezember hatten sie noch 2,1 Prozent veranschlagt. Powell sprach von einer insgesamt starken Wirtschaft. Trotz eines gestiegenen Rezessionsrisikos sei die Gefahr nicht als hoch einzuschätzen.
Die Inflation könnte aus Sicht der Notenbank dieses Jahr mit 2,7 (Dezember: 2,5) Prozent allerdings höher ausfallen als bislang gedacht. “Ein Großteil” davon dürfte laut Powell auf die preistreibenden Effekte der Zollpolitik zurückzuführen sein. Er habe aber keinen Grund zu der Annahme, dass die USA eine hohe Inflation wie in den 1970er Jahren erleben würden. Die Situation sei “nicht im Entferntesten” damit vergleichbar.
“Setzt Trump die aggressive Zollpolitik fort, werden sich die Risiken einer Stagflation verstärken”, warnt Michael Heise, Chefökonom vom Vermögensverwalter HQ Trust. Allein die hohe Politikunsicherheit werde die Nachfrage der Konsumenten und Investoren dämpfen, während der Vollzug der angekündigten Zollmaßnahmen die Inflation ankurbeln werde: “Für geldpolitische Entscheidungen wäre das ein schwieriges Dilemma.”
NOTENBANK VOR “BALANCEAKT”
KfW-Experte Stephan Bales verweist darauf, dass die Fed angesichts der weiterhin hohen Unsicherheit die Füße stillhalte: “Der Druck auf die US-Notenbank dürfte jedoch mit jeder weiteren Zinspause im Laufe des Jahres zunehmen.” Trumps anhaltende Forderungen nach niedrigen Zinsen könnten sogar in einem Konflikt mit Notenbankchef Powell enden und die bestehenden Turbulenzen an den Finanzmärkten weiter verschärfen.” Dadurch könnte die Zinspolitik nach Ansicht des Experten zum Balanceakt für die US-Notenbank werden.
BÖRSE IM AUFWIND
Der Zinsentscheid der Fed kam bei den Anlegern an der Wall Street gut an. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte rückte danach um 0,6 Prozent auf 41.828 Punkte vor. Der breiter gefasste S&P 500 gewann knapp ein Prozent auf 5661 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gewann gut ein Prozent auf 17.707 Stellen.
Die Fed beschloss am Mittwoch auch, den Abbau ihres Anleiheportfolios (im Fachjargon: Quantitative Tightening) zu verlangsamen. Das Abschmelzen der Staatsanleihen soll jetzt monatlich bei höchstens fünf Milliarden Dollar liegen, nach bisher 25 Milliarden Dollar. “Damit will man auf Anspannungen am Geldmarkt reagieren”, erläutern die Commerzbank-Experten Bernd Weidensteiner und Christoph Balz. Seit Mitte 2022 habe sich der Anleihenbestand der Fed bereits um gut zwei Billionen Dollar auf zuletzt knapp 6,5 Billionen Dollar verringert.
(Bericht von David Lawder, Ann Saphir, Howard Schneider, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Zuzanna Szymańska, Scot Stevenson, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)