London/Berlin (Reuters) – Die britische Notenbank hält die Füße still und signalisiert mit Blick auf mögliche Zinssenkungen einen vorsichtigen Kurs.
Die Bank of England (BoE) beließ den Leitzins am Donnerstag bei 4,50 Prozent, so wie es die meisten Ökonomen erwartet hatten. Die Währungshüter um BoE-Chef Andrew Bailey hatten Anfang Februar einen dritten Schritt nach unten seit der Zinswende vom August 2024 gewagt. Die Pause ging nun im neunköpfigen geldpolitischen Ausschuss überraschend glatt durch: Nur die Währungshüterin Swati Dhingra votierte für eine Senkung. Experten hatten mit zwei Gegenstimmen gerechnet.
Bailey betonte, es gebe zurzeit große wirtschaftliche Unsicherheit. Die BoE gehe noch immer davon aus, dass sich die Zinsen auf einem schrittweisen Abwärtspfad bewegten. Doch gelte es von Sitzung zu Sitzung sehr genau zu beobachten, wie sich die Welt- und Binnenwirtschaft entwickele.
Der geldpolitische Ausschuss erklärte, er erwarte weiterhin einen weiteren Rückgang des Inflationsdrucks. Doch folge die Notenbank auf den nächsten Sitzungen keinem vorab festgelegten Kurs. Es gelte nach wie vor die Prämisse, mit Blick auf weitere Zinssenkungen einen “schrittweisen und vorsichtigen Ansatz” zu verfolgen. Die Unsicherheit in der globalen Handelspolitik habe sich verstärkt, nachdem die USA eine Reihe von Importzöllen angekündigt hatten, die Gegenmaßnahmen anderer Länder nach sich zogen.
Auch die US-Notenbank Federal Reserve hat zuletzt pausiert und auf die mit der Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump verbundene Unsicherheit verwiesen. Strafzölle bergen nach Ansicht vieler Fachleute neue Inflationsgefahr. Laut Fed-Chef Jerome Powell ist jedoch das Basisszenario, dass sich die durch die Zölle ergebenden Inflationseffekte als vorübergehend erweisen dürften. Doch sei man gut beraten abzuwarten, bis sich mehr Klarheit ergebe.
Ähnliches dürfte auch für die BoE gelten: Die Inflation auf der Insel hat zu Jahresbeginn auf 3,0 Prozent zugelegt und der Notenbank damit Grund zur Vorsicht auf dem Weg zu weiteren Lockerungsschritten gegeben. Sie strebt einen Wert von zwei Prozent an. Angesichts der Inflationsentwicklung stand die BoE nicht unter Druck, den Lockerungskurs zu beschleunigen, wie Helaba-Experte Ulrich Wortberg anmerkt. Er geht davon aus, dass der Zinssenkungskurs noch nicht beendet ist. Am Geldmarkt sind noch zwei Schritte nach unten im Umfang von insgesamt einem halben Prozentpunkt im Laufe des Jahres voll eingepreist.
FEHLSTART DER WIRTSCHAFT
Neben der Inflationsentwicklung dürfte auch die Entwicklung der britischen Konjunktur den Währungshütern Kopfschmerzen bereiten: Denn die Wirtschaftsleistung schrumpfte im Januar unerwartet. Grund für das Minus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent zum Vormonat war ein starker Rückgang der Produktion im verarbeitenden Gewerbe. Im Dezember hatte es noch ein BIP-Plus von 0,4 Prozent gegeben.
“Die Londoner Währungshüter sind der Meinung, dass die Unsicherheit über die US-Zölle das Wachstum der britischen Wirtschaft dämpfen werde”, meint LBBW-Ökonom Dirk Chlench. Die Auswirkungen auf die britische Inflation seien indes weniger eindeutig und hingen auch davon ab, wie andere Handelspartner auf die Zollankündigungen aus Washington reagieren würden: “Nach unserer Prognose wird die Bank of England ihren Leitzins bis auf 3,75 Prozent per Jahresende 2025 herunterschleusen”, so der LBBW-Experte.
(Bericht von William Schomberg und Suban Abdulla, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1236 oder 030-2888 5168.)