EZB-Direktor: Zinssenkung “denkbar” – Ratsmitglied mahnt zur Vorsicht

Madrid/Dublin (Reuters) – Wenige Wochen vor dem nächsten Zinsentscheid der EZB senden Währungshüter unterschiedliche Signale zum weiteren Kurs aus.

Direktoriumsmitglied Piero Cipollone sagte in einem am Montag in der spanischen Zeitung “Expansion” veröffentlichten Interview, Schlüsselfaktoren wie der Rückgang der Energiepreise und die Aufwertung des Euro stärkten die Argumente für weitere Senkungen. Die aktuellen Bedingungen machten eine weitere Lockerung der Geldpolitik denkbar, da die Aussichten weiterhin mit den Prognosen vom März übereinstimmten. “Die uns vorliegenden Informationen lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass das Inflationsziel früher erreicht wird, als die jüngsten Prognosen vermuten ließen”, fügte der Italiener hinzu.

Die Volkswirte der Europäischen Zentralbank, die eine Inflationsrate von zwei Prozent anstrebt, rechnen in ihrer Anfang des Monats aktualisierten Prognose für dieses Jahr mit einer Teuerungsrate von 2,3 (Dezember: 2,1) Prozent. Für 2026 werden unverändert 1,9 Prozent vorausgesagt, womit das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent unterschritten würde.

Auch Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras hatte zuletzt Signale in Richtung einer möglichen weiteren geldpolitischen Lockerung gesendet. Aus seiner Sicht sprechen alle Wirtschaftsdaten und -vorhersagen für eine erneute Zinssenkung am 17. April.

MAKHLOUF MAHNT ZUR VORSICHT

Das EZB-Ratsmitglied Gabriel Makhlouf äußerte sich hingegen zurückhaltender: “Wir müssen bei Änderungen unserer geldpolitischen Linie vorsichtig sein, wenn wir unser Inflationsziel noch nicht erreicht haben und wenn weltweit ganz außergewöhnliche Ereignisse eintreten, die direkte Auswirkungen auf die Inflation haben könnten”, sagte der Chef der Zentralbank von Irland zu Wochenbeginn vor Reportern in Dublin. EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte jüngst vor den möglichen Folgen eines Handelskriegs mit den USA. Das Wachstum würde dadurch gedämpft werden und die Inflation angeheizt.

Die EZB hat seit Mitte 2024 angesichts eines nachlassenden Inflationsdrucks die Schlüsselsätze sechsmal nach unten gesetzt – zuletzt Anfang des Monats um 0,25 Prozentpunkte. Der Einlagensatz liegt damit aktuell bei 2,50 Prozent. Die Finanzmärkte gehen von einer Wahrscheinlichkeit von rund 65 Prozent für eine Zinssenkung im April aus.

(Bericht von Inti Landauro, Padraic Halpin, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Christian Rüttger Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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