EZB-Bankenaufsicht nimmt Geopolitik- und Cyber-Risiken stärker in den Blick

Frankfurt (Reuters) – Die EZB-Bankenaufseher wollen angesichts der zunehmenden Digitalisierung von Finanzgeschäften den Umgang der Geldhäuser mit der Gefahr von Hacker-Angriffen stärker in Fokus nehmen.

Die Digitalisierung sei für die Institute wesentlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Jahresbericht 2024 der Bankenaufsicht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. “Aber dies muss mit einem soliden Risikomanagement einhergehen, das Themen wie die übermäßige Abhängigkeit von IT-Dienstleistern und die anhaltende Bedrohung durch Cyberangriffe adressiert”, schrieb sie darin. Die EZB werde ihre Aufsichtsarbeit in diesem Feld im laufenden Jahr intensivieren. Auch die immer instabilere Weltlage treibt die Bankenkontrolleure um.

Lagarde wies darauf hin, dass die geopolitische Landschaft von Instabilität geprägt sei. Explizit nannte sie den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Konflikte im Nahen Osten und die Spannungen im Welthandel. “Diese Faktoren stellen weiterhin die Widerstandsfähigkeit der Banken auf die Probe.” Der von US-Präsident Donald Trump ausgelöste Handelsstreit hat sich inzwischen sogar noch einmal verschärft. Der Republikaner kündigte am Mittwoch Zölle von 25 Prozent auf alle nicht in den USA gebauten Autos an.

Die Widerstandsfähigkeit der Banken sei aufgrund des sich veränderten Umfelds daher um so wichtiger geworden, erklärte auch EZB-Chefbankenaufseherin Claudia Buch in dem Bericht. Potenziell sinkende Vermögenswerte, wirtschaftliche Erschütterungen durch geopolitische Konflikte oder die Auswirkungen von Finanzsanktionen verlangten von Banken erhöhte Aufmerksamkeit. Die Institute müssten daher über genügend Kapital verfügen, ein gutes Risikomanagement besitzen und eine robuste Unternehmensführung. Buch präsentierte den Jahresbericht am Donnerstag in einer Anhörung im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des EU-Parlaments in Brüssel.

In der Befragung wies Buch darauf hin, das die Häufigkeit und auch die Schwere der Hacker-Angriffe auf Banken zugenommen habe. “Daher haben wir im vergangenen Jahr einen Stresstest zur Cyber-Resilienz aufgelegt und wir arbeiten mit den Banken, damit sie besser gegen erfolgreiche Cyber-Attacken gewappnet sind.” Zudem seien verlässliche Informationssysteme entscheidend, damit Banken und Aufseher Gefahren wirksam überwachen können. “Dennoch sehen wir, dass viele Banken immer noch Mängel aufweisen.” Die EZB hatte 2024 einen Leitfaden für die Institute herausgegeben, der darlegen soll, was die Aufsicht von ihnen in diesem Zusammenhang erwartet.

TRUMP-RISIKEN IM BLICK

Angesichts der schwer berechenbaren Politik von US-Präsident Trump hatten einige Notenbanker und Aufseher in Frage gestellt, ob sie sich in Zeiten schwerer Marktturbulenzen noch auf die Bereitstellung von Dollar-Finanzierungen für Geldhäuser durch die US-Notenbank verlassen könnten, wie die Nachrichtenagentur Reuters vergangene Woche berichtete. Buch sagte dazu in der Anhörung auf eine Frage, die EZB kooperiere gut mit ihren US-Kollegen und allgemein mit der internationalen Gemeinschaft. “Das Liquiditätsrisiko und auch das Währungsrisiko werden von uns sehr genau als Routine-Teil unserer aufsichtlichen Arbeit überwacht.” Das sei keine spezifische neue Entwicklung.

Die EZB arbeite insbesondere mit den international aktiven Banken sehr eng zusammen, sagte Buch. “Es ist nicht nur die Dollar-Finanzierung, es gibt viele Bereiche, in denen sie von Drittanbietern abhängig sind, wo sie Risiken auf den globalen Märkten ausgesetzt sind.” Gemeinsam mit den Banken wolle die EZB dafür sorgen, dass diese in ihrer Liquiditäts- und Kapitalplanung solche Risiken auch adressieren können.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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