Europas Börsen erholen sich vor erwarteten Zoll-Erhöhungen

Frankfurt (Reuters) – An den europäischen Aktienmärkten bringen sich Investoren vor der erwarteten breit angelegten Erhöhung der US-Zölle in Stellung.

Dax-Anleger nutzten die jüngsten Verluste zum Wiedereinstieg. Der deutsche Leitindex zog am Dienstag um 1,5 Prozent auf 22.500 Punkte an und machte damit die Verluste zum Wochenstart wieder wett. Auch der EuroStoxx50 legte mehr als ein Prozent auf 5317 Zähler zu.

“Einige, die die imposante Rally des 1. Quartals verpasst haben, lauern im Fall weiter fallender Kurse jetzt sicherlich auf ihre Einstiegschance”, konstatierte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. Für Auftrieb sorgten auch Wirtschaftsdaten. Wie erwartet ebbt die Inflation in der Euro-Zone immer mehr ab und liefert der EZB Argumente für eine Fortsetzung ihres Zinssenkungskurses. Im März stiegen die Verbraucherpreise in der 20-Länder-Gemeinschaft nur noch um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, nach 2,3 Prozent im Februar. “Es ist deshalb davon auszugehen, dass die EZB Mitte April erneut ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte senken wird”, sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank.

CHINAS INDUSTRIE WÄCHST SCHNELLER

Positive Signale kamen zudem aus Chinas Industriesektor. Robuste Exportaufträge und eine kräftigere Inlandsnachfrage erzeugten im März das stärkste Wachstum in dem wichtigen Wirtschaftssektor seit vier Monaten. Analysten führen diese Entwicklung zum Teil darauf zurück, dass US-Importeure im Vorfeld der erwarteten Zollerhöhungen der US-Regierung Vorräte chinesischer Waren anlegten.

US-Präsident Donald Trump hat für diesen Mittwoch breit angelegte Zölle gegen fast alle Länder angekündigt. “Die Angst ist groß, dass mit dem morgigen ‘Liberation Day’ der freie Welthandel noch ein Stück mehr in Trumps Geiselhaft genommen wird”, kommentierte RoboMarkets-Stratege Jürgen Molnar. “Kommen die Strafzölle noch umfassender als bislang befürchtet und lassen nur wenig Spielraum für Verhandlungen, wäre ein nächster Ausverkauf an der Wall Street das wahrscheinlichste Szenario.” Auch europäische Indizes könnten sich dem wohl nicht entziehen.

Mittlerweile ist die Sorge an den Aktienmärkten groß, dass ein globaler Handelskrieg zu einer Rezession führen könnte. Diese Unsicherheit befeuerte weiter den Run auf Gold. Das Edelmetall verteuerte sich erneut um knapp ein Prozent auf bis zu 3148,88 Dollar je Feinunze und kletterte damit auf ein frisches Allzeithoch. “Einige reduzieren ihre Risiken und wenden sich dem sicheren Hafen Gold zu, um sich gegen die drohende Volatilität ihrer Portfolios abzusichern”, kommentierte Yeap Jun Rong, Marktstratege bei IG.

NOVO NORDISK BEENDET VERLUSTSERIE

Bei den Einzelwerten beendete der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk, Hersteller der derzeit führenden Abnehmspritze Wegovy, eine neuntägige Serie mit Kursverlusten und legte um bis zu vier Prozent zu. Auch die dänische Biotechnfirma Bavarian Nordic stieg um bis zu 3,3 Prozent. Für Rückenwind sorgte die US-Gesundheitsbehörde FDA, die Unternehmensangaben zufolge eine gefriergetrocknete Formulierung seines Impfstoffs gegen Mpocken und Pocken zugelassen hat.

Die Titel der Lufthansa stiegen um zwei Prozent. Obwohl es bei der Einreise in die USA für Reisende derzeit zu Problemen kommen kann, spürt die Lufthansa noch keine Buchungszurückhaltung. “Unser wichtiges Transatlantikgeschäft sieht weiterhin sehr gut aus”, sagte Finanzvorstand Till Streichert der “Börsen-Zeitung”. Das trage sicherlich zur positiven Stimmung bei, kommentierte ein Händler.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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