Neue US-Zölle treten in Kraft – Dax rutscht wieder ab

Frankfurt (Reuters) – Die Börsen in Europa sind nach dem Inkrafttreten neuer US-Zölle wieder deutlich ins Minus gerutscht.

Der Dax und der EuroStoxx50 notierten am Mittwoch gegen Mittag jeweils rund 2,5 Prozent schwächer bei 19.788 beziehungsweise 4662 Punkten. Vor Handelsbeginn traten neue US-Zölle gegen Dutzende Länder in Kraft, darunter Abgaben von 20 Prozent auf Importe aus der Europäischen Union. Die EU wollte sich noch im Tagesverlauf über die ersten, aber noch moderaten Gegenzölle abstimmen. Gleichzeitig erwartet die Regierung in Washington Verhandlungen mit Regierungen weltweit.

“US-Präsident Donald Trump scheint sich in einen Widerspruch zu verheddern”, sagte Jochen Stanzl, Chefanalyst beim Broker CMC Markets. Einerseits wolle Trump Fabrikbetreiber für Jahrzehnte in die USA locken, damit sie drakonischen Zöllen entkommen können. Andererseits spreche er von der Möglichkeit von Deals, die diesen Plan untergraben könnten. Gleichzeitig gehe die Amtszeit des Republikaners in vier Jahren ohnehin zu Ende, während Unternehmer bei kapitalintensiven Investitionen mit deutlich längeren Zeithorizonten planten. “Viele Amerikaner wollen auch lieber günstige T-Shirts tragen, sie aber nicht zusammennähen. Das ist alles mit einer so heißen Nadel gestrickt, dass die Begeisterung der Unternehmen ausbleibt”, sagte Stanzl.

KONFLIKT USA-CHINA “TRITT IN NEUE PHASE EIN”

Im Handelskonflikt mit China trieben die USA die Zölle noch weiter nach oben. “Vor allem bei den von US-Präsident Trump aufgestockten Zöllen gegen China hofften die Investoren bis zuletzt auf eine Verschiebung oder gar einen Kompromiss zwischen den beiden wirtschaftlichen Großmächten”, sagte Jürgen Molnar, Stratege beim Broker RoboMarkets. “Doch ab heute werden Waren aus dem Reich der Mitte mit einem Aufschlag von satten 104 Prozent versehen, der Handelskrieg tritt damit in eine neue Phase ein.” Zugleich signalisierte China aber auch Gesprächsbereitschaft.

Unter Druck gerieten auch die Ölpreise. Die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI verbilligten sich um jeweils rund drei Prozent auf 61,08 und 57,87 Dollar je Fass (159 Liter). Ein anhaltender Handelskrieg könnte das Wachstum der chinesischen Nachfrage gefährden, sagte Ye Lin, Ölmarktexpertin beim Analysehaus Rystad Energy.

Der Ausverkauf am US-Anleihemarkt nahm indes dramatische Züge an. Die Rendite zehnjähriger US-Bonds stieg am Mittwoch im Gegenzug zum fallenden Kurs auf bis zu 4,510 Prozent nach 3,990 Prozent am Freitag. Damit lag sie zeitweise auf dem höchsten Niveau seit Ende Februar. Im Vergleich rentierten zehnjährige Bundesanleihen mit 2,610 Prozent und damit mehr oder weniger auf dem Niveau vom Dienstag.

PHARMA- UND CHIPWERTE UNTER DRUCK

Bei den Einzelwerten belastete die Ankündigung hoher US-Zölle auf Importe von Medikamenten Aktien aus dem Pharmasektor. Europäische Branchenriesen wie AstraZeneca, Sanofi und GSK verloren bis zu 5,5 Prozent. In Frankfurt gaben die Titel von Sartorius und Bayer drei und 2,2 Prozent nach.

Im MDax rutschten die Papiere von Redcare Pharmacy um fast 15 Prozent ab. Die Online-Apotheke hatte die Platzierung von Wandelanleihen mit einer Laufzeit von sieben Jahren im Wert von 300 Millionen Euro abgeschlossen. Die Kursreaktion “erscheint stark übertrieben, ist aber sicherlich dem aktuellen Marktumfeld geschuldet”, sagte ein Händler.

Steil nach unten ging es auch für die Chipwerte. Siltronic, Infineon und Aixtron verloren zwischen knapp zwei und 3,5 Prozent, während europäische Rivalen wie Besi, ASML und ASM International bis zu gut vier Prozent einbüßten. Anleger fürchteten, dass die USA neben den neuen Zöllen auf Arzneimittel auch Halbleiterimporte mit Abgaben belegen könnten. Trump hatte ursprünglich geplant, bestimmte Produkte von den Gegenzöllen auszunehmen – darunter Arzneimittel und Chips.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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