Top-Ökonomen: Koalitionsvertrag hat gute Elemente, bringt aber nicht Durchbruch

Berlin (Reuters) – Der Koalitionsvertrag von Union und SPD bringt nach Einschätzung der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute wichtige Impulse, wird allein aber nicht die strukturellen Probleme lösen.

“Es gibt in der Tat Lichtblicke”, sagte Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Donnerstag in Berlin. Als Beispiele gelten der geplante Bürokratieabbau, “Superabschreibungen” auf Investitionen von Unternehmen oder die geplanten Gelder zur Sanierung der Infrastruktur, auch Investitionen in Künstliche Intelligenz und die Digitalisierung. “Es gibt leider auch entscheidende Leerstellen.” Beispielsweise sei die langfristige Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme schwierig. Viele Ziele von Union und SPD seien zudem nur vage ausformuliert worden.

Die Ziele der Koalitionäre könnten helfen, Deutschland aus der Rezession zu holen, ergänzte Kooths. Das reine Abarbeiten des Koalitionsvertrages werde aber nicht ausreichen. Es gebe kein Erkenntnisproblem. Deutschland könne es sich nicht leisten, Reformen zu verschieben. Die neue Regierung müsse für einen Ruck und neue Zuversicht in der Wirtschaft sorgen.

Schwarz-Rot will für Verteidigung und Infrastruktur künftig deutlich mehr Geld ausgeben. Für nächstes Jahr prognostizieren die Experten ein Wachstum von 1,3 Prozent. Die Institute rechnen mit Mehrausgaben von rund 24 Milliarden Euro, die das Bruttoinlandsprodukt um etwa 0,5 Prozentpunkte ankurbeln dürften.

Das Finanzpaket werde 2025 noch kaum Impulse bringen, sagte Torsten Schmidt vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Die Mittel aus dem 500 Milliarden Euro schweren Sondertopf für die Infrastruktur müssten mit Bedacht und nicht zu schnell eingesetzt werden. Sonst drohe wegen begrenzter Bau- und Planungskapazitäten eine höhere Inflation. Außerdem sei die Vorgehensweise falsch gewesen. Es hätte zunächst definiert werden müssen, was man plane und sanieren wolle. Dann hätten die dafür nötigen Mittel mobilisiert werden müssen. Jetzt sei es genau andersrum gelaufen. “Die Gefahr ist groß, dass hier Mittel verpuffen”, so Schmidt.

(Bericht von Christian Krämer. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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