Anstieg der Insolvenzen verlangsamt sich – Hohe Forderungen

Berlin (Reuters) – Der Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland hat sich im März verlangsamt. Die Zahl der Regelinsolvenzen erhöhte sich um 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. “Damit liegt die Zuwachsrate erstmals seit Juni 2024 (+6,3 Prozent) wieder im einstelligen Bereich”, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Der Schnellindikator greift auf Meldungen der Plattform Insolvenzbekanntmachungen.de zurück. Für die amtliche Statistik werden dann direkt Daten von Gerichten verwendet, die nicht so schnell zur Verfügung stehen, da sie nochmals geprüft werden.

Für Januar meldeten die Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 1830 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das waren 12,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte auf rund 5,3 Milliarden Euro. Im Januar 2024 hatten sie sich auf rund 3,5 Milliarden Euro summiert. Gemeldet wurden im Januar zudem 6221 Verbraucherinsolvenzen. Das sind zehn Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

DIHK: KLEINE BETRIEBE IN DER BREDOUILLE

“Die Krise zieht sich, und immer mehr Betrieben geht die Luft aus”, sagte der Chefanalyst der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. “Die Konjunktur ist im Keller, die Belastung mit Kosten und Bürokratie ist hoch.” Die US-Zölle und die noch immer unklare künftige Wirtschaftspolitik hierzulande verunsicherten die Unternehmen zusätzlich. “Das bringt vor allem viele kleine Betriebe in die Bredouille”, sagte der Experte. “Schon über einen längeren Zeitraum sind die Einnahmen vielfach sinkend, aber Kosten für Mieten, Löhne, Strom etc. laufen weiter.” Der DIHK-Konjunkturumfrage zufolge berichtet mehr als jedes fünfte Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten von Liquiditätsengpässen. “Wir erwarten daher, dass die Insolvenzwelle weiter anschwillt, gerade auch unter den kleinen und mittelgroßen Unternehmen”, sagte Treier.

Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) führt die Entwicklung nur zum Teil auf die aktuelle Konjunkturflaute zurück. “Extrem niedrige Zinsen haben Insolvenzen über viele Jahre verhindert, und während der Pandemie sind Insolvenzen von bereits zuvor schwachen Unternehmen aufgrund von Stützungsmaßnahmen ausgefallen”, sagte der Leiter der IWH-Insolvenzforschung, Steffen Müller. “Der Zinsanstieg und der Wegfall der Stützungsmaßnahmen haben ab 2022 Nachholeffekte bei Insolvenzen ausgelöst.” Müller sieht in der Entwicklung eine schmerzhafte, aber notwendige Marktbereinigung, die Platz für zukunftsfähige Unternehmen mache.

Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es im Januar 5,3 Insolvenzen. Die meisten entfielen dabei auf den Bereich Verkehr und Lagerei mit 9,2 Fällen. Danach folgten das Baugewerbe sowie die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Zeitarbeitsfirmen) mit jeweils 7,9 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Ralf Banser – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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