Keine Entspannung im Handelskrieg – China kontert US-Zölle

(neu: mehr zu Xi/Sanchez, Frankreichs Ministerpräsident, IW und IAB zu Auswirkungen auf deutsche Konjunktur)

Peking/Berlin (Reuters) – Nach einer turbulenten Woche im Handelskrieg zeichnet sich zwischen den USA und China keine Entspannung ab.

Die Regierung in Peking konterte am Freitag die jüngsten US-Zollaufschläge. Ab Samstag werden auf US-Waren 125 Prozent fällig, nachdem es zuletzt 84 Prozent waren. US-Präsident Donald Trump hatte die Abgaben auf chinesische Importe zuletzt auf 145 Prozent angehoben. Die EU hofft weiter auf eine Verhandlungslösung. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic will am Sonntag in die USA reisen und dort Regierungsvertreter treffen. Ökonomen fürchten deutliche Bremsspuren durch die neuen Zölle. Zwischen den USA und China sind sie mittlerweile so hoch, dass sich der Handel für viele Unternehmen nicht mehr lohnen wird.

Chinas Präsident Xi Jinping äußerte sich erstmals zu dem von den USA angezettelten Handelskrieg. Ohne Trump namentlich zu nennen, sprach er von “einseitigem Mobbing”. Xi sagte anlässlich eines Besuchs des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez in der Volksrepublik, die EU und China müssten zusammen die Globalisierung verteidigen und ihrer Verantwortung gerecht werden. In einem Handelskrieg könne es keine Gewinner geben. Die EU spiele eine wichtige Rolle, um die Weltwirtschaft stabil zu halten. Sanchez forderte Verhandlungen zwischen den USA und China, den beiden größten Volkswirtschaften der Welt.

In einer Mitteilung des chinesischen Finanzministeriums hieß es, die USA hätten unnormal hohe Zölle erlassen. Dies sei ein schwerer Verstoß gegen internationale Handelsregeln. Sie widersprächen auch der ökonomischen Logik. China legte zudem bei der Welthandelsorganisation WTO Beschwerde gegen die jüngsten US-Zölle ein.

“FRAGILE PAUSE”

Trump hatte gegen zahlreiche Handelspartner pauschale 20-Prozent-Zölle verhängt und kurz danach für 90 Tage ausgesetzt, darunter auch die EU. Nach Einschätzung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bringt dies nur eine Verschnaufpause. “Es handelt sich um eine fragile Pause.” Schließlich blieben die Zölle von 25 Prozent auf Stahl, Aluminium und Autos sowie die zehnprozentigen Basiszölle auf sämtliche andere Produkte in Kraft. Diese machten für die EU 52 Milliarden Euro aus. Zudem bedeute die Pause auch 90 Tage Unsicherheit für Firmen auf beiden Seiten des Atlantiks. Frankreichs Ministerpräsident Francois Bayrou sagte auf einer Wein- und Käsemesse, es sei naiv und gefährlich zu glauben, dass China die USA im Handel ersetzen könne.

Ziel der Sefcovic-Reise nach Washington sei es, einen Deal zu suchen, sagte ein EU-Sprecher. “Das ist es, worauf wir uns konzentrieren. Alle Optionen liegen auf dem Tisch, sollte dies nicht zu einem guten Ergebnis führen.” Die EU hatte ihrerseits erste, noch moderate Gegenmaßnahmen ausgesetzt. EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis nannte den neuen Basiszoll der USA für fast alle Länder allein schon einen schweren Schlag für die Weltwirtschaft.

Nach Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) dürfte das hiesige Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Durchschnitt der Jahre 2025 bis 2028 um 1,1 Prozent geringer ausfallen als in einem Szenario ohne neue Zölle. In dieser Simulation ist bereits die jüngste Gegenmaßnahme Chinas berücksichtigt. “Auf der Suche nach neuen Absatzmärkten könnten chinesische Produkte jetzt die restliche Welt überschwemmen”, sagte IW-Expertin Galina Kolev-Schaefer. “Das deutsche Exportgeschäft wird damit deutlich schwieriger.” In China dürfte das BIP bis 2028 um 2,9 Prozent niedriger ausfallen, so das IW. Für die USA bedeuteten die Zölle ein Minus von 1,1 Prozent. Dem IAB-Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit zufolge sind in Deutschland Zehntausende Jobs gefährdet.

KUKIES: TRUMPS STRATEGIE WIRD NICHT AUFGEHEN

Bundesfinanzminister Jörg Kukies sagte in Warschau, Trump werde mit höheren Zöllen seine erklärten Ziele nicht erreichen. Sie seien für beide Seiten schädlich. Das zeigten auch die Reaktionen der Finanzmärkte. Studien belegten, dass in Trumps erster Amtszeit in der US-Industrie die Löhne gefallen seien bei einer zugleich höheren Inflation. “Man hat genau das Gegenteil erreicht.” Trump will mit seinen Maßnahmen nach eigenen Angaben unter anderem das Handelsdefizit der USA reduzieren und Konzerne anlocken, sich stärker in den USA zu engagieren.

SPD-Politiker Kukies signalisierte, Deutschland werde den Kurs der EU-Kommission unterstützen. Die Brüsseler Behörde setzt auf Verhandlungen mit der US-Regierung und hat vorgeschlagen, alle gegenseitigen Zölle auf Industriegüter abzuschaffen. Sollten die Verhandlungen scheitern, könnten immer noch Gegenmaßnahmen greifen. Als schärfste Gegenmaßnahme gilt ein Vorgehen gegen US-Technologiekonzerne. Kukies sagte, hier sollte Europa vorsichtig agieren. Wenn es keine Alternativen zu bestimmten Produkten gebe, seien Einschränkungen nicht sinnvoll.

Der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer kündigte noch für Freitag Gespräche mit Taiwan und Israel an. Thailand teilte mit, mehr Mais aus den USA kaufen zu wollen.

(Bericht von Christian Krämer, Joe Cash, David Latona, Rene Wagner und Holger Hansen. Redigiert von Ralf Bode.)

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