Schuldenwächter warnen: Sparpaket von Österreichs Regierung reicht nicht

Wien (Reuters) – In Österreich wird die Haushaltslücke in diesem Jahr nach Einschätzung eines unabhängigen Expertenrats höher ausfallen als bisher erwartet.

Für 2025 und 2026 sei mit einem Budgetdefizit von 4,4 Prozent beziehungsweise 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu rechnen, teilte der Fiskalrat am Freitag gemäß einer Schnellschätzung mit. In der Herbstprognose hatten die Schuldenwächter das Budgetloch für 2025 noch mit 4,1 Prozent beziffert. Österreich wird somit das EU-Maastricht-Ziel von maximal drei Prozent des BIP deutlich überschreiten, was ein EU-Defizitverfahren wahrscheinlicher macht.

Bei einem solchen Verfahren fordert die EU-Kommission den betroffenen Staat auf, Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung zu ergreifen. Bei Nichteinhaltung können Sanktionen verhängt werden. Österreich wäre dabei nicht allein, da sich mehrere EU-Mitgliedsstaaten bereits in einem ähnlichen Verfahren befinden.

Die Verschlechterung des Budgetausblicks wird von dem aus 15 Fachleuten bestehenden Rat auf mehrere Faktoren zurückgeführt: Einen starken Anstieg der Staatsausgaben im vergangenen Jahr, geringere Steuereinnahmen aufgrund der anhaltenden Rezession sowie einen Rückgang des erwarteten Wirtschaftswachstums für das kommende Jahr. Zudem war das Defizit des Vorjahres mit 4,7 Prozent höher als erwartet. Der Fiskalrat prognostiziert, dass die Schuldenquote bis 2026 auf einen historischen Höchstwert von 86,1 Prozent des BIP ansteigen wird. Der bisherige Höchststand lag bei 85,6 Prozent im Jahr 2015.

Zweifel gibt es auch am Sparpaket der neuen Regierung in Höhe von 6,4 Milliarden Euro. Der Fiskalrat hält Konsolidierungsmaßnahmen von 12,7 Milliarden Euro für nötig, um das Defizit in diesem Jahr auf das EU-Niveau zu senken. Zudem wird bezweifelt, dass das Sparpaket das angegebene Volumen erreichen wird. Stattdessen wird eine Entlastung von nur 4,2 bis 4,9 Milliarden Euro im kommenden Jahr erwartet.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) zeigte sich am Rande des Treffens der EU-Finanzminister in Warschau zuversichtlich und bemühte sich um Beruhigung. Er sei überzeugt, dass die vereinbarten Einsparungen in Höhe von 6,4 Milliarden Euro wie geplant umgesetzt werden können. “Darüber hinaus sehe ich keine Notwendigkeit”, betonte der Sozialdemokrat. Das Doppelbudget für 2025/26 will der Finanzminister am 13. Mai vorstellen.

Österreich zählt derzeit zu den wirtschaftlichen Schlusslichtern der EU. Die Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und Institut für Höhere Studien (IHS) revidierten zuletzt ihre Prognosen erneut nach unten und rechnen nun mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent (Wifo) beziehungsweise 0,2 Prozent (IHS) im laufenden Jahr. Dies würde für Österreich das dritte Rezessionsjahr in Folge bedeuten – die längste Schrumpfungsperiode der Nachkriegszeit. Erst 2026 wird wieder mit Wachstum gerechnet. Beide Institute prognostizieren zuletzt für 2025 ein Defizit von 3,2 Prozent beziehungsweise 3,3 Prozent des BIP.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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