Frankfurt (Reuters) – Die Aussicht auf neue Ausnahmen bei den US-Zöllen gibt den europäischen Börsen Rückenwind.
Der Dax notierte am Dienstag gegen Mittag fast 1,5 Prozent höher bei 21.220 Punkten. Der EuroStoxx50 legte um knapp ein Prozent auf 4955 Zähler zu. Für steigende Kurse sorgten Aussagen von US-Präsident Donald Trump, der mögliche Ausnahmen von den geplanten 25-prozentigen Autozöllen ins Spiel brachte.
“In Verbindung mit der 90-tägigen Aussetzung einiger Pauschalzölle ist es auf jeden Fall eine Deeskalation”, sagte Georgios Leontaris, Chefstratege bei der britischen Großbank HSBC. Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets zeigte sich hingegen skeptisch: “Auch hier gilt, dass das Hin und Her für eine fehlende Planungssicherheit bei den Unternehmen bei Investitionen sorgt und Kunden nur wenig zu Käufen motiviert.”
ZEW-BAROMETER SACKT AB
Daher lässt der von Trump ausgelöste Zollkrieg Börsianer am Aufschwung in Deutschland zweifeln. Diese große Sorge ist am Barometer des Mannheimer ZEW abzulesen, das im April wie ein Stein gefallen ist. Mit Blick auf die Konjunkturaussichten in den kommenden sechs Monaten brach der Index um 65,6 Punkte auf minus 14,0 Zähler ein, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner Umfrage unter 168 Analysten mitteilte. Es war laut den Forschern der stärkste Rückgang der Erwartungen seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Jahr 2022. Das Stimmungsbarometer zeigt damit ein Wechselbad der Gefühle der Börsenprofis: Noch im März hatte es wegen der Aussicht auf das von Union und SPD vereinbarte Finanzpaket den stärksten Anstieg seit mehr als zwei Jahren gegeben.
Die Verunsicherung der Anleger spiegelte sich unter anderem im weiteren Anstieg beim Goldpreis wider. Das in Krisenzeiten als sicherer Hafen angesehene gelbe Edelmetall verteuerte sich um ein halbes Prozent auf 3223 Dollar je Feinunze und lag damit nur knapp unter seinem jüngsten Allzeithoch. Aus den Depots flogen dagegen erneut die US-Staatsanleihen und der Dollar.
AUTOWERTE IM AUFWIND
Gefragt bei den Einzelwerten waren vor allem Aktien aus dem Automobilsektor. Continental, BMW, Daimler Truck und Volkswagen kletterten um gut zwei bis knapp drei Prozent. Auch die europäischen Branchenriesen Stellantis und Renault legten zu, was den regionalen Sektorindex um knapp zwei Prozent ins Plus hievte.
Anleger griffen auch bei Puma zu. Die Titel des bayerischen Sportartikelherstellers kletterten nach einem positiven Analystenkommentar um gut zwei Prozent. Im Vergleich zu Rivalen wie Adidas und Nike profitiere Puma von einer besonders starken Position im Bereich Performance-Sport, schrieben die Analysten der Privatbank Berenberg. Puma sei daher besser gerüstet, um mit den Auswirkungen der US-Zollerhöhungen umzugehen.
Ein enttäuschender Geschäftsbericht des französischen Luxuskonzerns LVMH setzte indes die Aktien von Rivalen unter Druck. Konkurrenten im Bereich Mode und Lederwaren, wie Burberry und Kering, gaben jeweils rund zwei Prozent nach. Schwache Zahlen in LVMHs Kosmetiksparte belasteten zudem Puig und L’Oréal, deren Aktien um 2,4 und gut ein Prozent nachgaben. Auch das Spirituosengeschäft von LVMH blieb hinter den Erwartungen zurück, was die Titel der Rivalen Rémy Cointreau, Pernod Ricard und Campari um bis zu 2,6 Prozent ins Minus drückte. LVMH hatte die allgemein eingetrübte Konsumlaune der Verbraucher zum Jahresbeginn zu spüren bekommen. Der Umsatz sank im ersten Quartal um drei Prozent auf 20,3 Milliarden Euro, während Analysten mit einem Wachstum um zwei Prozent gerechnet hatten. Die Aktie des weltgrößten Luxuskonzerns rutschte um fast sieben Prozent auf 493 Euro ab und war damit so billig wie seit Anfang 2021 nicht mehr.
(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)