Kairo (Reuters) – Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) prangert die Zustände im Gazastreifen nach rund eineinhalb Jahren Krieg an.
Das Küstengebiet sei zu einem “Massengrab” von Palästinensern und jenen geworden, die ihnen helfen wollten, erklärte MSF-Gaza-Koordinatorin Amande Bazerolle am Mittwoch. “Wir werden in Echtzeit Zeugen der Zerstörung und Vertreibung der gesamten Bevölkerung in Gaza.” Humanitäre Einsätze werden demnach stark von der allgegenwärtigen Unsicherheit und den kritischen Versorgungsengpässen beeinträchtigt – zulasten der Zivilbevölkerung. “Den Menschen bleiben – wenn überhaupt – nur wenige Möglichkeiten, medizinische Hilfe zu bekommen.”
Israel hält unterdessen während der laufenden Verhandlungen über eine neue Waffenruhe an der Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen fest. Damit solle die Hamas unter Druck gesetzt werden, bekräftigte Verteidigungsminister Israel Katz am Mittwoch die Strategie seiner Regierung. Die Hamas verurteilt diese als “Kollektivstrafe”.
Das von der radikal-islamischen Organisation geleitete Gesundheitsministerium im Gazastreifen beklagt die Folgen der seit Anfang März unterbundenen Lieferungen von Treibstoff, Medikamenten und Lebensmitteln. Die Arbeit der wenigen, noch verbliebenen Krankenhäuser werde immer mehr beeinträchtigt. “Hunderten von Patienten und Verletzten fehlen lebenswichtige Medikamente, und ihr Leiden verschlimmert sich durch die Schließung der Grenzübergänge.”
Der Krieg im Gazastreifen hat mit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 begonnen. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet und 251 weitere in den Gazastreifen verschleppt. Mehrfach wurden seitdem Geiseln gegen palästinensische Häftlinge ausgetauscht. Derzeit sollen noch 59 Personen in der Gewalt der Hamas sein, von denen nach israelischer Einschätzung noch 24 am Leben sind. Die Regierung von Präsident Benjamin Netanjahu will die Hamas zur Freilassung der Geiseln mit militärischem Druck zwingen, doch innenpolitisch gibt es Zweifel an dieser Taktik.
Israel hat auch erklärt, dass der Krieg nur mit einer Vernichtung der Hamas enden kann. Nach einer rund zweimonatigen Waffenruhe nahm das Militär im März die Kämpfe wieder auf. Seitdem wurden nach Angaben der Palästinenser-Behörden im Gazastreifen mehr als 1600 Menschen getötet, seit Beginn des Krieges sind es demnach insgesamt mindestens 51.000.
Am Mittwoch starben bei einem israelischen Luftangriff im Norden des Küstenstreifens mindestens 13 Menschen, wie palästinensische Rettungskräfte mitteilten. Darunter sei auch die Foto-Journalistin Fatma Hassuna, die mit ihrer Arbeit die katastrophalen Lebensumstände der Palästinenser in Gaza-Stadt dokumentiert hat. Eine Stellungnahme des israelischen Militärs zu dem jüngsten Angriff lag zunächst nicht vor.
(Bericht von Nidal al-Mughrabi, Tala Ramadan iund Jana Choukeir; geschrieben von Elke Ahlswede; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)