– von Maayan Lubell
Jerusalem (Reuters) – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll den Geheimdienst aufgefordert haben, politische Gegner auszuspionieren.
Das geht aus einer eidesstattlichen Erklärung hervor, die Geheimdienst-Chef Ronen Bar am Montag dem Obersten Gerichtshof vorlegte. Demnach weigerte sich der Leiter des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, gegen regierungsfeindliche Demonstranten vorzugehen. Zudem habe er es abgelehnt, Maßnahmen zu ergreifen, die zu Verzögerungen in einem gegen Netanjahu laufenden Korruptionsprozess geführt hätten. Dies sei auch der Grund für seine vom Obersten Gericht gestoppte Entlassung als Geheimdienst-Chef, sagte Bar. Netanjahus Büro erklärte, die eidesstattliche Erklärung sei voller Lügen.
Die Anordnung Netanjahus vom März, Bar zu entlassen, löste in Israel eine Protestwelle aus. Kritiker warfen ihm vor, er untergrabe wichtige staatliche Institutionen und gefährde die Grundlagen der israelischen Demokratie.
Der Shin Bet hatte wegen Durchstechens geheimer Armeedokumente an Medien ermittelt und Verbindungen von Netanjahu-Mitarbeitern zu Katar untersucht, bei denen Geldzahlungen eine Rolle gespielt haben sollen. Der Ministerpräsident weist diese Verdächtigungen zurück und wirft seinerseits dem Shin Bet vor, vom eigenen Versagen durch das Nichtbemerken der Vorbereitungen des Überfalls von Hamas-Kämpfern auf israelisches Grenzgebiet am 7. Oktober 2023 ablenken zu wollen. Dabei wurden über Tausend Israelis getötet und der Krieg im Gazastreifen ausgelöst.
Bar hat das Versagen des Shin Bet bei der Verhinderung des Anschlags vom 7. Oktober eingeräumt und angekündigt, er werde vor dem Ende seiner Amtszeit zurücktreten.
(Bericht von Maayan Lubell, geschrieben von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)