Moskau/Wien (Reuters) – Die Raiffeisen Bank International (RBI) hat eine weitere Niederlage vor einem russischen Gericht erlitten und muss sich auf eine Strafe von gut zwei Milliarden Euro einstellen.
Ein Berufungsgericht in St. Petersburg wies die Beschwerde der Bank gegen ein Urteil vom Januar zurück und bestätigte die Schadenersatzzahlung von 2,044 Milliarden Euro. Das teilten die Anwälte des österreichischen Instituts am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters mit.
In einem schriftlichen Statement erklärte die RBI, sie erwarte durch das Urteil keine zusätzlichen Belastungen. Schon im vierten Quartal 2024 hat die Bank 840 Millionen Euro für den Schadenersatz zurückgelegt. Den Rest will sie durch den Verkauf von Vermögenswerten der russischen Klägerin in Österreich bekommen.
Ausgelöst wurde das Verfahren durch eine Klage der russischen Firma Rasperia, die früher dem Oligarchen Oleg Deripaska zugeordnet wurde. Dieser bestreitet inzwischen, noch Eigentümer zu sein. Rasperia, von der EU sanktioniert, fordert Schadenersatz für ihre eingefrorene Beteiligung am österreichischen Baukonzern Strabag. Die Klage richtete sich gegen Strabag, deren österreichische Kernaktionäre sowie die russische RBI-Tochter. Das eingefrorene Paket von 28,5 Millionen Aktien ist weder verkäuflich noch dividendenberechtigt.
Das russische Gericht hatte entschieden, dass Strabag sowie ihre Kernaktionäre – der RBI-Hauptaktionär Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, der Versicherer Uniqa und die Familie des Strabag-Gründers Hans Peter Haselsteiner – rund zwei Milliarden Euro an Rasperia zahlen müssen. Das Urteil könne nun gegen Vermögenswerte der russischen RBI-Tochter vollstreckt werden. In Österreich hat das Urteil keine rechtliche Wirkung.
Die RBI wurde nicht direkt als Schuldnerin genannt, sondern nur als wirtschaftlich verbundene Partei. Ziel der Klage war laut früheren Angaben der Bank, die Vollstreckung des Urteils in Russland zu ermöglichen. Die russische Tochter verfügt über knapp sechs Milliarden Euro Eigenkapital.
RECHTSWEG IN ÖSTERREICH GEPLANT
Die RBI wird nun nach eigenen Angaben gegen das Urteil bei der nächsten russischen Instanz Berufung einlegen – mit wohl geringen Erfolgsaussichten. Die russische Tochterbank wird daher voraussichtlich demnächst zahlen müssen. Zudem bekräftigte die RBI, eine Klage beim Handelsgericht Wien vorzubereiten. “Wir werden alles tun, um in Österreich Schadenersatz von Rasperia zu erhalten”, so Vorstandschef Johann Strobl bei der Hauptversammlung. Die Klage soll voraussichlich im zweiten Quartal eingebracht werden, hieß es. Die Bank hofft auf eine sanktionskonforme Freigabe der Strabag-Aktien und deren Verkauf durch eine Investmentbank. Der Erlös sowie eingefrorene Dividenden sollen zur Kompensation dienen. Der Marktwert des Aktienpakets liegt bei rund zwei Milliarden Euro. Ein solches Verfahren könnte jedoch Jahre dauern.
VERKAUFSBLOCKADE DÜRFTE FALLEN
Die RBI, größte westliche Bank in Russland, prüft seit Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 Optionen für einen Rückzug vom russischen Markt. Strobl stellte einen Verkauf von bis zu 60 Prozent der Anteile in Aussicht. Der Ausstieg gestaltet sich jedoch schwierig, da ein solcher Schritt die Zustimmung der russischen Regierung unter Präsident Wladimir Putin erfordert.
Trotz hoher Gewinne in den vergangenen drei Jahren ist es der RBI bisher nicht gelungen, Kapital aus Russland abzuziehen. Dividenden wurden von Russland blockiert. Zudem scheiterte ein früherer Versuch, Rasperia das Strabag-Aktienpaket abzukaufen, am Veto der US-Regierung, da unklar blieb, inwieweit der auch von den USA mit Sanktionen belegte Oligarch Deripaska in den Deal involviert gewesen wäre.
Mit dem aktuellen Urteil und der von der Bank erwarteten Aufhebung der gerichtlichen Verkaufsbeschränkung in Russland könnte ein entscheidendes Hindernis fallen. Ob es tatsächlich zu einem Verkauf kommt, bleibt jedoch offen.
(Bericht von Mark Trevelyan und Alexandra Schwarz-Goerlich. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)