Österreich wird EU-Haushaltsregeln frühestens 2028 einhalten

Wien (Reuters) – Österreich wird nach Planungen der Regierung erst 2028 das EU-Limit für Neuverschuldung von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einhalten.

Für das laufende Jahr wird lediglich ein leichter Rückgang des Defizits auf 4,5 Prozent im Vergleich zu 4,7 Prozent im Vorjahr erwartet, teilte das Finanzministerium am Dienstag mit. Auch 2026 und 2027 sollen die Defizite mit 4,2 und 3,5 Prozent weiterhin über der Maastricht-Grenze liegen. Erst für 2028 ist eine Reduktion auf 3,0 Prozent vorgesehen.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) beschrieb die Ausgangslage als “sehr schwierig”. “Der Zustand des österreichischen Staatshaushalts ist besorgniserregend.” Er übernahm das Amt im März als Teil der ersten Dreierkoalition aus der konservativen ÖVP, SPÖ und den liberalen Neos. Die Vorgängerregierung aus ÖVP und Grünen habe zahlreiche Steuererleichterungen beschlossen, ohne die entsprechenden Gegenfinanzierungen sicherzustellen, kritisierte Marterbauer. Zudem seien die Klimaschutzmaßnahmen “teuer” und ungenau gewesen.

Belastet werden die Staatsfinanzen auch von der anhaltenden Rezession seit 2023, sinkenden Steuereinnahmen und einer hohen Inflation, die in Österreich über dem EU-Durchschnitt liegt. Diese Faktoren trieben die Zinsen auf Staatsanleihen in die Höhe und führten zu kostspieligen Entlastungsmaßnahmen wie Energiehilfen. Auch höhere Löhne für Beamte und Pensionen belasten den Haushalt.

Es wird mit einem EU-Defizitverfahren gegen Österreich gerechnet. Obwohl ein solches Verfahren zusätzliche Verpflichtungen mit sich bringt, behalten nationale Regierungen in der Regel die Kontrolle über ihre Haushaltspolitik. Die EU-Kommission begleitet den Prozess und überwacht die Einhaltung der vereinbarten Konsolidierungsziele. Bei Nichteinhaltung können Sanktionen verhängt werden.

“Dem Budget geht es nicht gut, weil es der Wirtschaft in den letzten Jahren schlecht gegangen ist”, so Marterbauer. “Die schwache Leistung von Österreichs Wirtschaft und Wirtschaftspolitik in der Teuerungskrise ist die wichtigste Ursache für die anhaltende Budgetmisere”.

SCHULDENQUOTE STEIGT DEUTLICH

Die Staatsschuldenquote werde in diesem Jahr auf 84,7 Prozent steigen – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 81,8 Prozent im Vorjahr. Der Höchststand der Verschuldung wird für 2028 mit 87,0 Prozent erwartet. Erst ab 2029 sei mit einem leichten Rückgang auf 86,9 Prozent zu rechnen. Nach den Stabilitätsregeln der EU soll die Quote 60 Prozent des BIP nicht überschreiten.

Um das Defizit zu senken, ist ein Sanierungskurs vorgesehen, bei dem “alle einen Beitrag leisten” müssen, sagte Marterbauer. Geplant sind Einsparungen von 6,4 Milliarden Euro im laufenden Jahr und 8,7 Milliarden Euro 2026. Ohne Sparkurs würde das Defizit in diesem Jahr auf mehr als 28,6 Milliarden Euro oder 5,8 Prozent des BIP steigen. Geplant sind unter anderem die Abschaffung des Klimabonus’, die Kürzung von Förderungen, das Einfrieren von Familienhilfen, höhere Gebühren für die elektronische Gesundheitskarte E-Card oder eine Verteuerung des Tickets für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Darüber hinaus plant die Regierung zusätzliche Steuern für Banken und Energiekonzerne, die jährlich insgesamt 550 Millionen Euro einbringen sollen.

(Bericht von Francois Murphy und Alexandra Schwarz-Goerlich.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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