Düsseldorf (Reuters) -Bei den Kölner Ford-Werken standen am Mittwoch alle Räder still. Im Kampf um Stellenstreichungen streikten die Beschäftigten erstmals in der hundertjährigen Firmengeschichte. “Im Ersatzteilzentrum geht kein einziges Ersatzteil raus. Es werden keine Getriebe gefertigt, es werden keine Autos gefertigt. Und das tut schon weh”, sagte Betriebsratschef Benjamin Gruschka auf einer Kundgebung. Der 24-Stunden-Streik werde Ford Millionen kosten.
“Alle 10.000, 11.000 Kollegen wissen, worum es geht.” Der Vorstand habe im März die Patronatserklärung gekündigt und die “USA damit den Finger an den roten Knopf gelegt.” Eine Insolvenz sei in den kommenden Jahren so möglich. “Man muss aber auch kurzfristig eine Insolvenz befürchten”, erklärte Gruschka gegenüber dem Magazin “WirtschaftsWoche” und verwies auf den mauen Autoabsatz. Der Verkauf der in Köln produzierten E-Autos Explorer und Capri laufe schleppend. Statt des derzeitigen Zwei-Schicht-Betriebes würde auch eine Schicht reichen. Damit wären “theoretisch 800 bis 1000 weitere Stellen gefährdet”, erklärte der Betriebsratschef. Die “Wirtschaftswoche” berichtete zudem unter Berufung auf Insider, derzeit seien keine Nachfolger für die beiden einzigen in Köln gebauten Automodelle in Sicht.
Mit dem Streik will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, um die Forderungen nach einem Sozialtarifvertrag durchzusetzen. Ford hatte im November angekündigt, bis Ende 2027 in Deutschland 2900 von rund 11.500 Stellen abzubauen. Im März kündigte der US-Autobauer eine milliardenschwere Finanzspritze an, will aber künftig keinen Insolvenzschutz mehr garantieren. Die seit Ende letzten Jahres laufenden Gespräche mit Betriebsrat und Gewerkschaft über die soziale Abfederung des Personalabbaus kamen trotz Warnstreiks im März und April nicht voran. Die Verhandlungen wurden der IG Metall zufolge seitens der Arbeitnehmerseite ausgesetzt, bis das Unternehmen ein abschlussfähiges Angebot vorlegt.
Ford zieht sich immer stärker aus Europa zurück. Seit 2018 hat der US-Konzern in Deutschland mehr als 5000 Arbeitsplätze abgebaut, das Werk in Saarlouis wird Ende des Jahres geschlossen. Nachdem der Kleinwagen Fiesta 2023 eingestellt wurde, baut Ford in Köln die beiden E-Automodelle Explorer und Capri. Die Produktion wurde wegen zu schwacher Nachfrage seit Ende letzten Jahres zurückgefahren, Beschäftigte mussten in Kurzarbeit gehen. Trotz hoher Investitionen machte Ford nach eigenen Angaben in Europa in den vergangenen Jahren erhebliche Verluste. Jetzt kommen im Heimatmarkt USA noch Belastungen durch die Einfuhrzölle auf Autos und Autoteile hinzu. Ford rechnet mit milliardenschweren Kosten in diesem Jahr, sollten die Zölle nicht durch Verhandlungen abgefedert werden.
(Bericht von Anneli Palmen, redigiert von Ralf BanserBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)