Tripolis (Reuters) – In der libyschen Hauptstadt Tripolis haben sich rivalisierende Milizen in der Nacht zum Mittwoch heftige Gefechte geliefert. Die Kämpfe eskalierten nach der Tötung eines Milizenführers am Montag. Augenzeugen zufolge erlebte die Stadt die schwersten Gewaltausbrüche seit Jahren. Die größten Gefechte lieferten sich eine mit Ministerpräsident Abdulhamid al-Dbeibah verbündete Brigade mit Kämpfern der Miliz Rada. Die Zeitung “Libyan Observer” berichtete, Rada sei die letzte große bewaffnete Gruppe in Tripolis, die nicht unter dem Einfluss Al-Dbeibahs stehe.
“Es ist erschreckend, all diese intensiven Kämpfe mitzuerleben. Ich habe meine Familie in einem Raum versammelt, um wahllosem Beschuss zu entgehen”, sagte ein Vater von drei Kindern aus dem Stadtteil Dahra. Im westlichen Vorort Saradsch beschrieb Mohanad Dschuma, wie die Kämpfe kurz pausierten, bevor sie wieder aufflammten. “Jedes Mal, wenn es aufhört, fühlen wir uns erleichtert. Aber dann verlieren wir wieder die Hoffnung.”
Die UN-Mission für Libyen (UNSMIL) zeigte sich “zutiefst beunruhigt über die eskalierende Gewalt in dicht besiedelten Vierteln von Tripolis” und forderte einen Waffenstillstand. Die erneuten Unruhen wecken Befürchtungen, dass anhaltende Kämpfe in der Hauptstadt Gruppierungen von außerhalb anziehen könnten. Dies könnte nach Jahren relativer Ruhe zu einer breiteren Eskalation unter Libyens zahlreichen bewaffneten Akteuren führen.
Auslöser der Zusammenstöße war die Tötung von Milizchef Abdulghani Kikli, genannt Ghaniwa. Am Dienstag ordnete Dbeibah die Auflösung sogenannter irregulärer bewaffneter Gruppen an. Dies deutet auf einen Versuch hin, die Macht in der fragmentierten Hauptstadt zu konsolidieren. Rada bleibt als letzte große Fraktion, die nicht eng mit dem Ministerpräsidenten verbunden ist. Libyen kämpft seit dem Nato-unterstützten Aufstand gegen den langjährigen Machthaber Muammar Gaddafi im Jahr 2011 mit Instabilität.
Das Land spaltete sich 2014 in rivalisierende östliche und westliche Fraktionen, die Kampfhandlungen endeten zunächst mit einem Waffenstillstand 2020. Der Osten Libyens wird seit einem Jahrzehnt von Kommandeur Chalifa Haftar und dessen Libyschen Nationalarmee (LNA) dominiert, während die Kontrolle in Tripolis und im Westen Libyens unter zahlreichen bewaffneten Gruppen aufgeteilt ist.
(Reuters Libyen; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)