Volkswagen-Aktionäre fordern Reformen und Ende der Chef-Doppelrolle

Berlin (Reuters) – Mangelnde Unabhängigkeit des Aufsichtsrats, die Doppelrolle von Konzernchef Oliver Blume: Bei der Hauptversammlung von Volkswagen haben Investoren ihrem Ärger über die Unternehmensführung von Europas größtem Autobauer Luft gemacht.

“Wir können nur noch hoffen”, sagte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment am Freitag. Volkswagen trete bei der schlechten Corporate Governance immer noch auf der Stelle. “Statt die Kritik der Aktionäre Jahr für Jahr an sich abprallen zu lassen und auf Zeit zu spielen, sollten Sie diese eklatanten Governance-Defizite jetzt endlich adressieren und abstellen, bevor VW noch tiefer in die Krise schlittert”, sagte Janne Werning von der Fondsgesellschaft Union Investment.

Auf Kritik stößt, dass Blume den Vorstandsvorsitz nicht nur bei Volkswagen, sondern auch beim Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche innehat. “Volkswagen hat mit Herrn Blume nur einen Teilzeit-CEO, dem die Probleme über den Kopf wachsen”, sagte Werning. Christian Strenger, der jahrelang für die Bundesregierung in der Corporate Governance Kommission saß, sagte, die Doppelrolle sei permanent konfliktbelastet und habe sich zu einer “doppelten Saniererrolle zum Nachteil unserer Gesellschaft entwickelt”. Blume selbst spricht dagegen von einem Erfolgsrezept. “Klar war von Anfang an, die Doppelrolle ist nicht auf die Ewigkeit angelegt.”

Auch eine mangelnde Unabhängigkeit des Aufsichtsrats wurde bemängelt. Aufsichtsratsvorsitzender Hans Dieter Pötsch könne als Großaktionärsvertreter nicht als unabhängig angesehen werden, sagte Werning. “Es verfestigt sich der Eindruck, dass bei Volkswagen Macht statt Markt dominiert”, sagte Henrik Schmidt von der Fondsgesellschaft DWS. Damit stelle sich die Frage, ob der Aufsichtsrat seine Kontrollfunktion ausübe. Die Eigentümer dominierten nach Belieben, Kontrolle und Einflussnahme seien nicht voneinander getrennt.

Er sprach dabei vor allem Pötsch, Hans Michel Piech und Wolfgang Porsche an, die als Vertreter der Eigentümerfamilien eine wichtige Rolle einnehmen. “Das damit verbundene Bild mangelhafter externer Kontrolle ist ein dauerhaftes Kernproblem”, sagte Strenger. Diese verschrecke Investoren. Man könne sich durchaus einen um zehn bis 20 Prozent höheren Aktienkurs vorstellen, wenn die Investoren zurückgewonnen werden könnten.

Kritik am Aufsichtsrat bei Volkswagen ist nicht neu und wird seit Jahren regelmäßig bei den Hauptversammlungen laut. In der Vergangenheit hatte VW-Großaktionär und Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Porsche den Vorwurf zurückgewiesen, dass der starke Einfluss der Familien den Aktienkurs zurückhält. Die Großaktionäre seien nicht der Grund für die schlechte Bewertung der Aktie. Die VW-Aktie entwickelt sich schon seit Jahren schwächer als der Gesamtmarkt. So verloren die Papiere im vergangenen Jahr rund 20 Prozent, während der europäische Auto-Index lediglich zwölf Prozent nachgaben.

Volkswagen befindet sich mehrheitlich im Besitz der Porsche SE, die den Gründerfamilien Piech und Porsche gehört. Ein Fünftel der VW-Aktien liegt beim Land Niedersachsen, der drittgrößte Eigentümer ist mit 17 Prozent der Golfstaat Katar.

(Bericht von Christina Amann, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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