Nvidia erweitert sein Ökosystem rund um KI-Chips

Taipeh/San Franciso (Reuters) – Bei seinen umjubelten Auftritten anlässlich der Computermesse Computex in Taiwan hat Nvidia-Chef Jensen Huang am Montag Einblicke in die Strategie des weltgrößten Anbieters von KI-Prozessoren gewährt.

Um Entwickler enger an sich zu binden, will der US-Chipkonzern Teile seiner Technologie Konkurrenten zugänglich machen. Außerdem soll ein Online-Marktplatz zum Verkauf von Rechenkapazitäten entstehen.

Bislang müssten sowohl Startups als auch große Firmen umständlich herumtelefonieren, um freie Server zu finden, erläuterte Nvidia-Managerin Alexis Bjorlin. Über die Plattform “Lepton” könnten Nutzer unter anderem nach Rechenzentren in bestimmten Ländern fahnden, um etwa Datenschutz-Bestimmungen gerecht zu werden. Außerdem könnten Firmen, die bereits Server mit Nvidia-Chips betreiben, zusätzliche Kapazitäten anmieten. Mario Morales, Manager des Research-Hauses IDC, lobte diese Initiative. Weltweit arbeiteten fünf Millionen Entwickler mit Nvidia-Halbleiter. “Daher suchen sie nach Wegen, um diesen einen besseren Zugang zu der Technologie zu ermöglichen.”

DURCH GRÖSSERE VERBREITUNG STANDARDS SETZEN

Der Festigung von Nvidias marktbeherrschender Stellung bei Künstlicher Intelligenz (KI) dient auch Huangs Ankündigung, Technologie für die Kommunikation zwischen KI-Prozessoren der Konkurrenz zu verkaufen. Mit Hilfe von “NVLink Fusion” könnten diese dann eigene Chips entwickeln. Marvell und MediaTek hätten bereits Interesse angemeldet. Qualcomm kündigte entsprechende Produkte an.

“NVLink” ist darauf ausgelegt, den Datenaustausch zwischen verschiedenen Chips in einem KI-Hochleistungsrechner zu beschleunigen. Nvidia setzt diese Technik unter anderem bei dem Modell “GB200” ein, bei dem 72 der leistungsfähigsten KI-Chips vom Typ “Blackwell” mit 36 “Grace”-Zentralprozessoren zusammengeschaltet werden.

Einen Tag vor dem offiziellen Start der Computermesse Computex in Taiwan lieferte Huang auch einen Ausblick auf kommende Chip-Generationen. So soll im Laufe des Jahres der “Blackwell Ultra” auf den Markt kommen. Kurz vor der Markteinführung stehe der Prozessor “DGX Spark”, der für PCs von KI-Entwicklern gedacht ist.

Der in Taiwan geborene Huang wird bei seinen Auftritten in der Inselrepublik frenetisch gefeiert. Jubelnde Fans begleiten ihn auf Schritt und Tritt. “Er macht jungen Taiwanern Mut”, sagte der 21-jährige Student Hsu Han-yun, der ein Autogramm Huangs ergattern konnte. “Wir sollten von ihm lernen.” Als Reaktion auf diese “Jensanity” verkauft Nvidia Tassen, T-Shirts und andere Artikel mit dem Konterfei des Konzernchefs.

ZUKUNFTSTECHNOLOGIE QUANTENCOMPUTER

Parallel dazu berichtete das Nachrichtenportal “The Information”, dass Nvidia in fortgeschrittenen Gesprächen über einen Einstieg bei PsiQuantum ist. Das Startup entwickelt einen Quantencomputer, der auf herkömmlichen Prozessor-Technologien basiert. Keines der beiden Unternehmen wollte sich zu diesem Thema äußern. Früheren Aussagen von Insidern zufolge will PsiQuantum mindestens 750 Millionen Dollar bei Investoren einsammeln. Im Rahmen dieses Deals würde die Firma mit sechs Milliarden Dollar bewertet.

Quantencomputer übertreffen bei bestimmten Anwendungen die Leistungsfähigkeit herkömmlicher Rechner um ein Vielfaches. Viele Firmen setzen bei ihren Entwicklungen aber auf exotische Materialien, die teilweise extrem heruntergekühlt werden, oder auf andere aufwändige Technologien.

Nvidia-Chef Huang hatte sich ursprünglich skeptisch über eine baldige Marktreife dieser Technologie geäußert. Im März stellte er aber Pläne für ein Forschungslabor in Boston vor, dessen Wissenschaftler mit den dortigen Universitäten MIT und Harvard zusammenarbeiten sollen.

(Bericht von Max A. Cherney, Stephen Nellis und Wen-Yee Lee; geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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