Politische Kriminalität springt um 40 Prozent auf Höchststand

Berlin (Reuters) – Die Zahl politisch motivierter Straftaten ist vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs und der Bundestagswahl rasant gestiegen.

2024 registrierten die Polizeibehörden von Bund und Ländern über 84.000 Straftaten und damit gut 40 Prozent mehr als 2023, wie die am Dienstag veröffentlichte Statistik von Bundeskriminalamt und Innenministerium zeigt. Damit sind die Zahlen das sechste Mal in Folge auf einen neuen Höchststand gestiegen. Die Wahlen 2024 und den Gaza-Konflikt wollte Dobrindt nicht als Hauptgrund gelten lassen, es sei die Polarisierung der Gesellschaft. Zuwächse gab es in allen Bereichen, sowohl beim Antisemitismus (plus 20 Prozent) als auch bei Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit (34 beziehungsweise 29 Prozent). Die meisten Taten insgesamt kommen von rechts: “Die größte Gefährdung für die Demokratie geht vom Rechtsextremismus aus”, sagte Dobrindt. “Dem ist so.”

Die Statistik für Politische Kriminalität wird von Bund und Ländern zusammengetragen. Sie untergliedert sich in eine Vielzahl von Bereichen, Art der Taten und Tätergruppen, die sich häufig auch überschneiden. Die Hälfte der Vorfälle insgesamt wird dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet. Hier nahm die Zahl auch mit fast 50 Prozent am stärksten zu. Linksextremisten waren für knapp zwölf Prozent verantwortlich. Auch Taten wegen “ausländischer” oder aus religiöser Ideologie nahmen zu.

DOBRINDT: MEHR KOMPETENZ FÜR POLIZEI, KONSEQUENZ FÜR TÄTER

Dobrindt zeigte sich besorgt über die rasante Entwicklung: “Der noch nie dagewesene Anstieg der Fallzahlen politisch motivierter Straftaten ist eine bedenkliche Entwicklung, die wir mit aller Konsequenz und Entschlossenheit bekämpfen”, kündigte er an. “Mehr Kompetenzen für die Polizei, mehr Konsequenzen für die Straftäter.” So sollten Strafen etwa für Angriffe auf Sicherheitsbeamte erhöht und Messerangriffe insgesamt künftig als Verbrechen gewertet werden, die mit mindestens einem Jahr Gefängnis bestraft würden. Dazu komme die Regelausweisung von Ausländern bei Gefängnisstrafen für Antisemitismus.

Dessen Anstieg mache ihm besondere Sorgen, sagte Dobrindt. Es sei eine Tatsache, dass es importierten Antisemitismus gebe. Zudem zeige sich eine Art Schulterschluss von Linksextremen, Rechtsextremen und ausländischen sowie religiösen Ideologen.

Europa- und Bundestagswahlen waren zudem Auslöser für Hasskriminalität und auch Angriffe auf Politiker. Hauptziel waren der Statistik zufolge die Grünen, knapp gefolgt von der AfD. Dobrindt machte die AfD für die Polarisierung der Gesellschaft mitverantwortlich, lehnte ein Verbot der Partei aber ab. Er halte schon die Debatte über Verbote für kontraproduktiv. Man sehe in den Umfragen, dass dies auf die Zustimmung zur AfD keine Auswirkung habe. Wichtig sei daher eine gute Regierungsarbeit in der Auseinandersetzung mit der AfD: “Der Erfolg des Wegregierens wird der größere sein”, sagte Dobrindt.

Differenziert nach Art der Taten machen mit 37 Prozent die Propagandadelikte den größten Teil aus. Darunter fallen etwa das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole wie NS-Zeichen oder von verbotenen Extremisten-Organisationen. Auch hier kommen die mit Abstand meisten Taten aus dem rechtsextremen Lager. Den zweitgrößten Anteil (21 Prozent) machen Sachbeschädigungen aus, es folgen Beleidigungen und Volksverhetzung.

Die Gewalttaten – größtenteils Körperverletzungen – legten um 15 Prozent zu, wobei fast ein Drittel dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet wird. Verdoppelt haben sich Taten “aus ausländischer Ideologie”, die damit an zweite Stelle rückten. Als große Gefahr werden weiterhin islamistische Anschläge angesehen.

(Bericht von: Markus Wacket; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL4J0CG-VIEWIMAGE

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL4J0CF-VIEWIMAGE