Moskau (Reuters) – Russland hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verboten.
Der Generalstaatsanwalt habe sie zur “unerwünschten Organisation” erklärt, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Interfax am Montag. Amnesty International hat den von Russland begonnenen Krieg gegen die Ukraine als völkerrechtswidrig kritisiert und seinen Truppen schwerste Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen sowie nach eigenen Angaben Kriegsverbrechen dokumentiert. Das Verbot bezeichnete Amnesty International als “Teil der umfassenden Bemühungen der russischen Regierung, Andersdenkende zum Schweigen zu bringen und die Zivilgesellschaft zu isolieren”.
Der russische Generalstaatsanwalt nannte in seiner Erklärung das Londoner Büro von Amnesty International ein “Zentrum für die Vorbereitung globaler russlandfeindlicher Projekte”. Er warf der Organisation vor, sich für die Ukraine einzusetzen, mit der sich Russland seit mehr als drei Jahren im Krieg befindet. Russland hat seine großangelegte Invasion des Nachbarlandes am 24. Februar 2022 begonnen und hält weite Teile im Osten und Süden der Ukraine unter seiner Kontrolle. Die ukrainische Halbinsel Krim hatte Russland bereits 2014 annektiert, was international nicht anerkannt ist.
Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnes Callamard, erklärte, die russischen Behörden irrten, wenn sie glaubten, dass “wir unsere Arbeit zur Dokumentation und Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen einstellen werden, wenn sie unsere Organisation als ‘unerwünscht’ bezeichnen”. Callamard fügte hinzu: “Wir werden unsere Bemühungen verdoppeln, um Russlands ungeheuerliche Menschenrechtsverletzungen im In- und Ausland aufzudecken.”
Russland stuft immer wieder Organisationen, die seiner Einschätzung zufolge die nationale Sicherheit gefährden, als “unerwünscht” ein. Russischen Bürgerinnen und Bürgern, die mit solchen Gruppen zusammenarbeiten oder sie finanzieren, drohen Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren. Zu den Organisationen, die bereits als unerwünscht verboten wurden, zählen der von der US-Regierung finanzierte Sender RFE/RL und die internationale Umweltorganisation Greenpeace.
Amnesty International wurde 1961 gegründet und hat seinen Hauptsitz in London. Die Organisation setzt sich weltweit für Menschenrechte ein sowie für solche Häftlinge, die sie als gewaltfreie politische Gefangene begreift.
(Bericht von Guy Faulconbridge, geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)