Problemkredite kommen Bank Bär teuer zu stehen – Risikochef geht

Zürich (Reuters) – Die krisengeplagte Bank Julius Bär kommt nicht zur Ruhe. Wertberichtigungen auf Hypotheken und andere Kredite kosten den Schweizer Vermögensverwalter weitere 130 Millionen Franken.

Die Ankündigung von Dienstagabend ist ein Rückschlag für den neuen Konzernchef Stefan Bollinger, der sich seit Anfang des Jahres bemüht, die vom Signa-Skandal mit voller Wucht getroffene Bank in ruhigere Gewässer zu steuern. Der frühere Goldman-Sachs-Manager ist dabei, das Kreditportfolio auf weitere Problemfälle zu durchforsten. Bär wende vorsichtigere Kriterien in Bezug auf die Kreditqualität an, hieß es. “Obwohl die Überprüfung noch nicht abgeschlossen ist, erwarten wir auf der Grundlage unserer bisherigen Erkenntnisse nicht, dass zusätzliche wesentliche spezifische Risiken aufgedeckt werden, die zu erheblichen Kreditverlusten führen könnten,” erklärte Bollinger.

Risikochef Oliver Bartholet, den Bollinger Anfang Februar in seine deutlich verkleinerte Geschäftsleitung aufgenommen hatte, nimmt den Hut. Nachfolger wird zum 1. Juli der bisherige Kreditchef Ivan Ivanic. Nach dem CEO- und dem Verwaltungsratsposten besetzt Bär damit erneut einen Spitzenposten neu.

Mit der Wertberichtigung reagiert Bär bereits das zweite Mal innerhalb von gut 15 Monaten auf faule Kredite. Anfang 2024 hatte Bär Netto-Kreditverluste von 606 Millionen Franken verbucht, der größte Teil davon in Zusammenhang mit Signa. Bär gehörte zu den größten Kreditgebern der Immobiliengruppe des Tiroler Investors Rene Benko. Als Reaktion will Bär das sogenannte Private-Debt-Geschäft, das sehr reichen Kunden Finanzierungen gegen zukünftige Cash Flows und nicht börsennotierte Wertpapiere zur Verfügung stellt, bis Ende 2026 vollständig abwickeln. Gegenwärtig seien solche Kredite im Volumen von weniger als 0,2 Milliarden Franken ausstehend. Dies entspreche 0,4 Prozent des gesamten Kreditbestandes.

CHIEF COMPLIANCE OFFICER SOLL ÜBERWACHEN

Die neuen Wertberichtigungen betreffen mehrere Kredite von mehreren Kunden, erklärte Finanzchefin Evie Kostakis. Bollinger zufolge ist Bär dabei, Altlasten abzutragen und das Risikomanagement zu verstärken. Der Vermögensverwalter führe zudem die Funktion eines Chief Compliance Officer ein und suche eine geeignete Person, die die Einhaltung der Regeln in der Bank überwachen soll.

Die starke Erhöhung der Kreditrückstellungen sei eine negative Überraschung, erklärte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Möglicherweise müsse Bär erneut Korrekturen beim Kreditgeschäft vornehmen. An der Börse sackten Bär knapp fünf Prozent ab.

In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres schrumpfte das verwaltete Vermögen von Bär gemessen am Stand von Ende 2024 um sechs Prozent auf 467 Milliarden Franken. Das Institut machte dafür den starken Franken verantwortlich. Gleichzeitig zog das Geldhaus von vermögenden Privatkunden 4,2 Milliarden Franken an neuen Geldern an. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht dies einem Zufluss von 2,5 Prozent des Bestandes. Rivale EFG International kam gleichzeitig auf eine Wachstumsrate von 5,5 Prozent.

Für das erste Halbjahr stellte Bär einen Gewinnrückgang in Aussicht. In der ersten Jahreshälfte 2024 hatte die Bank unter dem Strich 452 Millionen Franken verdient. Am 3. Juni will Bollinger seine strategischen Pläne für das Zürcher Geldhaus und neue Finanzziele vorlegen.

(Bericht von Oliver Hirt und Ariane Lüthi, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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