London (Reuters) – Die britische Inflation ist wieder kräftig auf dem Vormarsch und dämpft damit Zinssenkungsfantasien an den Finanzmärkten.
Die Verbraucherpreise stiegen im April zum Vorjahresmonat um 3,5 Prozent, nach 2,6 Prozent im März, wie das Statistikamt ONS am Mittwoch in London mitteilte. Die Lebenshaltungskosten wurden dabei durch Preiserhöhungen für Gas, Strom, Wasser und vor allem teurere Flugtickets nach oben getrieben. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten in ihren Prognosen im Mittel nur einen Wert von 3,3 Prozent veranschlagt. Die Bank of England (BoE) strebt eine Teuerungsrate von zwei Prozent an.
Auch die Londoner Währungshüter wurden von dem Teuerungsschub kalt erwischt, da sie erst im weiteren Jahresverlauf eine solch hohe Inflationsrate veranschlagt hatten. Die Aussicht auf baldige Zinssenkungen wird damit aus Sicht von Experten getrübt. “Diese Daten sollten die Frage aufwerfen, ob es im August eine Senkung gibt”, sagte Patrick O’Donnell vom Vermögensverwalter Omnis Investments. Das Pfund stieg nach Veröffentlichung der Inflationszahlen zum Dollar auf den höchsten Stand seit drei Jahren.
TEUERUNGSSCHUB AUCH BEI DIENSTLEISTUNGEN
Finanzministerin Rachel Reeves von der Labour-Partei äußerte sich “enttäuscht” über die Verbraucherpreisdaten. Doch sei das Land weit entfernt von Inflationsraten im zweistelligen Prozentbereich, die unter der konservativen Vorgängerregierung verzeichnet worden seien. Die Notenbank in London achtet besonders auf die Preisentwicklung im Dienstleistungssektor: Auch hier kam es im April zu einem Teuerungsschub.
Die Preise in dem Sektor zogen um 5,4 Prozent an, nach 4,7 Prozent im März. Fachleute hatten hier lediglich einen Anstieg auf 4,8 Prozent auf dem Zettel. Laut dem ONS hat der Zeitpunkt der Osterfeiertage, der dieses Jahr in den April fiel, mit dem dazugehörigen Reiseverkehr wahrscheinlich zum starken Anstieg der Flugpreise beigetragen. Diese seien im Vergleich zum März um 27,5 Prozent hochgeschossen. Dies sei der zweitgrößte Anstieg im Vergleich zum Vormonat, der jemals verzeichnet wurde.
Die britische Zentralbank hat Anfang des Monats die geldpolitischen Zügel zum zweiten Mal in diesem Jahr gelockert und den Leitzins auf 4,25 Prozent gesenkt. Sie erwartet, dass das Wiederaufflackern der Inflation ein vorübergehendes Phänomen bleiben wird. BoE-Chefvolkswirt Huw Pill erklärte jüngst jedoch, das Tempo der Zinssenkungen sei angesichts des anhaltend starken Lohndrucks auf die Inflation zu hoch gewesen. An den Terminmärkten wird damit gerechnet, dass die Londoner Notenbank auf ihrer nächsten Sitzung im Juni stillhalten wird.
(Bericht von Andy Bruce, geschrieben von Reinhard Becker, Reuters Marktteam, Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)