Deutsche Warnung: Ohne Einigung auf Handelsdeal Kernschmelze an Börsen

– von Christian Krämer

Banff (Reuters) – Finanzminister Lars Klingbeil und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnen vor erneuten Turbulenzen an den Börsen, sollte der Handelsstreit mit den USA nicht gelöst werden.

“Wir müssen die aktuellen Handelskonflikte zum Wohle aller möglichst schnell beilegen”, sagte der SPD-Chef am Donnerstag bei einem Treffen der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) im kanadischen Banff. Nagel sprach von einer Kernschmelze an den Märkten, die sich im April gezeigt habe, als US-Präsident Donald Trump gegen fast alle Handelspartner hohe Sonderzölle verhängt hatte. Mittlerweile sind viele dieser Zölle gegen China und die EU aber für 90 Tage ausgesetzt, um Zeit für Verhandlungen zu haben.

“Wir brauchen mehr internationale Zusammenarbeit”, so Klingbeil. Dazu gehöre auch freier Handel. “Die US-Zölle bedrohen Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stärke auf beiden Seiten des Atlantiks.” Die EU-Kommission, die die Handelspolitik in der Europäischen Union koordiniert, müsse sich jetzt anstrengen und eine Lösung mit den USA finden. Die EU würde am liebsten alle Industriezölle abbauen und längerfristig zu einem Freihandelsabkommen mit den USA kommen.

Nagel sagte, zum Glück habe sich die Beinahe-Kernschmelze an den Märkten nicht fortgesetzt. Die US-Seite habe natürlich auch die starken Verluste an den Aktienmärkten gesehen. “Aus meiner Sicht war die Botschaft im April so stark, dass das letztendlich bei allen Beteiligten angekommen ist.” Deswegen seien die Gespräche in den kanadischen Rocky Mountains besser als erwartet verlaufen. Mittlerweile liegt der deutsche Aktienindex Dax wieder nahe seines Rekordhochs.

Klingbeil hatte in Banff erstmals US-Finanzminister Scott Bessent zu einem Vier-Augen-Gespräch getroffen. “Es war ein gutes Gespräch.” Bessent habe ihn eingeladen, zeitnah nach Washington zu kommen. “Wir brauchen jetzt Bewegung in den Verhandlungen.” Sein Eindruck sei, die USA hätten dies verstanden und entsprechende Konsequenzen gezogen, so Klingbeil. Auch Bessent teile den Wunsch, die durch den Handelskrieg ausgelösten Unsicherheiten aufzulösen. Die EU müsse den Dialog suchen, aber auch Gegenmaßnahmen vorbereiten. In Banff sei man ein paar Schritte aufeinander zugegangen.

GEMEINSAMES PAPIER MIT DEN USA?

Klingbeil ergänzte, er sei zuversichtlich, dass sich die G7-Gruppe am Ende auf ein Abschlussdokument mit gemeinsamen Zielen verständigen könne. Experten hatten im Vorfeld befürchtet, dass die Differenzen mit der Trump-Regierung zu groß sein könnten.

Klingbeil sagte, es sei dabei wichtig, weiter fest an der Seite der von Russland angegriffenen Ukraine zu stehen. “Es muss jetzt zu einer Waffenruhe kommen.” Wenn sich Russland nicht auf ernsthafte Friedensverhandlungen einlasse, müssten die Sanktionen gegen Russland verschärft werden.

(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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