Hamm (Reuters) – Die Klima-Klage eines peruanischen Landwirts gegen den Energiekonzern RWE ist vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm gescheitert. Das OLG erklärte am Mittwoch, die Berufung des Kleinbauern und Bergführers Saúl Luciano Lliuya werde zurückgewiesen.
Lliuya wollte erreichen, dass RWE sich wegen der CO2-Emissionen des Unternehmens finanziell an Schutzmaßnahmen für sein Haus gegen Folgen der Gletscherschmelze in den Anden beteiligt. Der Vorsitzende Richter Rolf Meyer betonte, die Klage sei zwar schlüssig. Ein Unternehmen am anderen Ende der Welt könne durchaus für die Folgen des Klimawandels verklagt werden. Aber die in dem langwierigen Verfahren mit seinem Ortstermin in Peru erzielten Erkenntnisse zeigten, dass die Bedrohung des Hauses des Klägers nicht so groß sei, als dass sie eine weitere Beweisaufnahme rechtfertige.
Eine Revision dieser Entscheidung sei nicht möglich, entschied das Gericht. Weil der Streitwert unter 20.000 Euro liegt, ist auch eine Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen. Lliuyas 2015 eingereichte Klage war bereits 2016 vor dem Landgericht am Konzernsitz Essen gescheitert. Die Umweltschutzorganisation Germanwatch, die den Peruaner auch im aktuellen Berufungsverfahren unterstützt, wertete schon die Zulassung der Beweisaufnahme durch das OLG als Erfolg. RWE begrüßte die Ablehnung der Klage.
“WICHTIGES ERREICHT”
Lliuya hatte zusammen mit der bekannten Umwelt-Anwältin Roda Verheyen argumentiert, dass CO2-Emissionen von RWE-Kraftwerken zu der Gletscherschmelze beigetragen und damit das Überschwemmungsrisiko für sein Haus erhöht hätten. Dies liegt unterhalb eines Gletschersees in der Stadt Huaraz am Fuße der Anden. Dort gab es 2022 einen Ortstermin mit zwei Richtern des OLG. Gutachter nahmen unter anderem Bodenproben und machten Aufnahmen mit Drohnen.
Das Gericht entschied nun auf dieser Basis, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Haus durch Schlammlawinen beschädigt würde, wegen der konkreten Lage des Hauses nicht groß genug sei. Gerichtssprecher Daniel Große-Kreul betonte, dass das Gericht bei einer anderen Beweislage auch anders hätte entscheiden können. Der von den Klägern vorgebrachte Anspruch sei theoretisch möglich. Bei ähnlichen Fällen werde man sich mit der heutigen Entscheidung auseinandersetzen müssen.
Lliuya bezeichnete das Gerichtsverfahren deshalb trotz der Ablehnung als Erfolg: “Auch wenn es in meinem Fall nicht weitergeht, hat meine Klage Wichtiges erreicht. Das macht mich stolz.” Anwältin Verheyen dankte nach der Verkündung dem per Videolink aus Peru zugeschalteten Landwirt. Lliuya habe durch seinen Einsatz über zehn Jahre hinweg erreicht, dass festgestellt wurde, dass deutsche Unternehmen zivilrechtlich für die Folgen des Klimawandels belangt werden können. Da Revision am BGH sowie eine Nichtzulassungsklage ausgeschlossen wurden, ist das konkrete Verfahren zu Ende. Verheyen hat aber schon im Vorfeld betont, dass sie noch viele weitere Klagen bereits in der Schublade habe.
“SCHADET INDUSTRIESTANDORT”
RWE kritisierte, die Kläger hätten einen Präzedenzfall schaffen wollen, wonach jeder einzelne Emittent von Treibhausgasen in Deutschland für Auswirkungen des Klimawandels weltweit rechtlich verantwortlich gemacht werden könnte. Der Konzern halte das für einen völlig falschen Ansatz. “Wenn das Schule macht, wäre bald jedes deutsche Industrieunternehmen mit langjährigen Klimaklagen konfrontiert. Das würde unserem Industriestandort massiv schaden”, erklärte RWE. Das Unternehmen habe sich jederzeit an geltendes Recht und alle Emissionsvorschriften gehalten. Darüber hinaus nehme RWE seine Verantwortung sehr ernst. “Wir sind eines der führenden Unternehmen bei Erneuerbaren Energien. Wir agieren im Einklang mit den Pariser Klimazielen. Seit 2018 haben wir unseren CO2-Ausstoß mehr als halbiert. Und bis 2040 sind wir klimaneutral.”
(Bericht von Elke Ahlswede, Mitarbeit Riham Alkousaa und Tom Käckenhoff, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)