Berlin (Reuters) – Kanzler Friedrich Merz hat die Aufnahme hoher Schulden für Investitionen in Deutschland verteidigt. “Wir entscheiden uns für diesen Weg, weil wir der Überzeugung sind, dass nur so nach den vergangenen Jahren es möglich ist, dass in Deutschland wieder investiert wird, dass in Deutschland Arbeitsplätze erhalten bleiben, dass neue Arbeitsplätze entstehen können”, sagte er am Mittwoch in der Generaldebatte über den Etat des Kanzleramts im Bundestag. Man sehe bereits die ersten Erfolge. CDU-Fraktionschef Jens Spahn erklärte, dass die hohe Schuldenaufnahme nur dann gerechtfertigt sei, wenn man zugleich im Haushalt Einsparungen vornehme und entschieden Strukturreformen angehe. “Mit diesem Haushalt … beginnt die Verteidigungslinie gegen Extremismus und Staatsverachtung”, sagte Spahn nach zuvor heftigen Angriffen von AfD und Linken.
Der Kanzler referierte in seiner Rede die begonnenen Projekte der schwarz-roten Regierung und sagte, dass bereits ein Mentalitätswandel in Deutschland und Europa auch bei der Entbürokratisierung zu spüren sei. Mit Blick auf die Digitalisierung sagte er: “Wir organisieren nun endgültig zentral, was bisher in Deutschland an unklaren und dezentralen Strukturen gescheitert ist.” Zudem verteidigte er die nur teilweise Senkung der Stromsteuer und verwies darauf, dass auch die Verbraucher durch Beschlüsse der Regierung mit rund 150 Euro im Jahr entlastet würden. Die Grünen, die AfD und die Linke warfen der Regierung dagegen vor, trotz der massiv ausgeweiteten Schuldenaufnahme die Stromsteuer für Verbraucher nicht zum 1. Januar 2026 zu senken.
Merz und auch SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sprachen in der Debatte mehrfach AfD-Co-Fraktionschefin Alice Weidel direkt an und wiesen deren Vorwürfe zurück. Weidel hatte zuvor die Koalition scharf kritisiert und von einem “Endstadium einer zerrütteten Regierung” gesprochen. In Wahrheit gebe es keine Migrationswende, Ausländer plünderten das deutsche Sozialsystem, so Weidel. Miersch erneuerte in seiner Replik die Forderung nach einem Verbot der AfD. “Nicht umsonst haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes auch ein Parteiverbot in die Verfassung aufgenommen”, sagte er. “Ihre Rede heute war ein Beispiel dafür, dass Sie verfassungsfeindlich hier agieren. Und deswegen muss es auch ein Verbotsverfahren geben.” Die Union sieht dies sehr skeptisch, im Bundestag dürfte es daher keine Mehrheit für ein Verbotsverfahren geben.
(Bericht von Andreas Rinke, Markus Wacket; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)