Dax arbeitet sich in kleinen Schritten weiter nach oben

Frankfurt (Reuters) – Der Dax bleibt im Rekordfieber: In Erwartung eines akzeptablen Handelskompromisses zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) ist der deutsche Leitindex um bis zu 0,4 Prozent auf 24.639,10 Punkte geklettert.

Schon am Mittwoch hatte der Dax, der seit Jahresbeginn auf ein Plus von rund 23 Prozent kommt, eine Bestmarke markiert. Die Anleger gingen wieder voll ins Risiko, sagte Jochen Stanzl von CMC Markets. “Dass die USA weiterhin mit der Europäischen Union verhandeln, wertet die Börse als ein Zeichen der Stärke.” Auch Jürgen Molnar von RoboMarkets konstatiert: “Die Angst vor neuen Zöllen ist scheinbar komplett verschwunden.” Der EuroStoxx50 gewann in der Spitze 0,5 Prozent.

Diese Furchtlosigkeit könnte aber trügerisch sein, denn noch ist nicht klar, wie die Zollverhandlungen der EU mit dem US-Präsidenten Donald Trump tatsächlich enden. Seit seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus hat der Republikaner fast alle Handelspartner mit Sonderzöllen überzogen. Teilweise wurden sie wieder ausgesetzt, um Zeit für Verhandlungen zu haben. Der US-Präsident sagte, Europa werde womöglich in den nächsten Tagen informiert, wie viel die 27 EU-Staaten künftig für Exporte in die USA zahlen müssten. Er bezeichnete die Verhandlungen mittlerweile als konstruktiver. Andere Länder wie Japan oder Südkorea sehen sich bereits mit hohen Sonderzöllen von 25 Prozent und mehr konfrontiert, auf brasilianische Importe verhängte er einen 50-Prozent-Zoll ab 1. August.

ANLEGER HOFFEN AUF STARKE BERICHTSSAISON

Dass die Zölle in den Verhandlungen mit der EU auf null gesenkt werden, glaube inzwischen niemand mehr, erläuterte Stanzl. “Die hohe Resilienz der Konjunktur und die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen könnten aber dazu führen, dass die Wirtschaftsleistung und die Gewinne weiter steigen”, sagte der Experte. Aktuell hofften die Aktieninvestoren noch auf eine erneute Bestätigung ihres Optimismus durch die bald beginnende Berichtssaison.

Der wieder erwachte Risikoappetit vieler Anleger machte sich auch am Krypto-Markt bemerkbar. Die Cyber-Devise Bitcoin nahm Kurs auf die 112.000-Dollar-Marke. Am Mittwochabend war die Kryptowährung auf ein Rekordhoch von 111.988,90 Dollar gestiegen, am Donnerstag notierte sie nur knapp darunter. Eher verhalten zeigten sich dagegen die klassischen Devisenanleger. Der Dollar-Index und Euro traten bei 97.4260 Punkten beziehungsweise 1,1731 Dollar auf der Stelle. Deutlich nach unten ging es nach den hohen Sonderzöllen gegen Brasilien für den Real. Er wertete über Nacht zeitweise um fast drei Prozent ab. “Der Konflikt könnte in den kommenden Tagen weiter eskalieren – worunter der Real leiden dürfte”, prognostizierte Commerzbank-Analyst Michael Pfister. Hintergrund der Strafzölle sind neben wirtschaftlichen Aspekten auch eine persönliche Fehde Trumps gegen Brasiliens Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva.

COMMERZBANK-AKTIEN FALLEN ANS DAX-ENDE

Auf der Unternehmensseite war es am deutschen Aktienmarkt schwer, eindeutige Gewinner auszumachen. Merck, Porsche, Brenntag und BASF notierten jeweils rund zwei Prozent fester. Ans Dax-Ende rutschten die Titel der Commerzbank, die sich um mehr als drei Prozent verbilligten. Sie waren bereits am Mittwoch nach der Anteilsaufstockung der UniCredit zeitweise unter die Räder geraten. Die Bundesregierung lehnte das “erneut unabgestimmte und unfreundliche Vorgehen der UniCredit” ab. Ein Börsianer führte den Kursrückgang zudem auf einen Kommentar der Bank of America zurück. Demnach haben die Analysten die Titel auf “Neutral” von “Buy” gesetzt.

Im MDax gingen die Aktien von Gerresheimer auf Berg- und Talfahrt. Die Papiere des Spezialverpackungsherstellers schwankten zwischen einem Minus von zeitweise 5,7 Prozent und einem Plus von mehr als zwei Prozent hin und her. Es komme darauf an, ob man die für dieses Jahr nochmals zurückgenommene Umsatzprognose schaue oder der vor diesem Hintergrund gar nicht schlechten Mittelfristprognose glaube, sagte ein Händler. Gerresheimer reduzierte zum zweiten Mal seine Jahresprognose und erwartet nun 2025 ein organisches Umsatzwachstum zwischen null und zwei Prozent statt ein bis zwei Prozent. Mittelfristig peilt das Unternehmen ein Umsatzwachstum von sechs bis neun Prozent und eine bereinigte Ebitda-Marge von 23 bis 25 Prozent an.

An der Züricher Börse schlug ein pessimistischer Ausblick die Anleger von Barry Callebaut in die Flucht. Die Aktien des Schweizer Kakao- und Schokoladenherstellers stürzten um bis zu 16 Prozent ab. “Am alarmierendsten ist unserer Ansicht nach die sehr geringe Durchschaubarkeit der Unternehmensführung, die ihre Prognosen erneut revidiert hat,” erklärte Analyst Matteo Lindauer von der Bank Vontobel.

(Bericht von: Daniela Pegna, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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