Klingbeil mahnt nach Eklat um Richterwahl Führung an

Berlin (Reuters) – Nach dem Eklat um die Wahl von Verfassungsrichtern im Bundestag hat SPD-Co-Chef Lars Klingbeil beim Koalitionspartner Union gemeinsame Verantwortung angemahnt.

“Führung und Verantwortung sind nichts für Sonntagsreden”, sagte Klingbeil am Freitag in der Haushaltsdebatte des Bundestages. “Sondern wenn hier strittige Abstimmungen sind, dann muss es Führung und Verantwortung auch geben. Und das muss gezeigt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.” Klingbeil bezog sich auf die am Vormittag geplatzte gemeinsame Wahl von drei Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht. Hintergrund war der Widerstand in der Unionsfraktion gegen eine von der SPD vorgeschlagene Kandidatin, die sich kritisch zum Abtreibungsparagrafen 218 geäußert hatte.

Klingbeil fügte hinzu, er wolle eine “sehr klare Erwartung formulieren: Wenn wir dieses Land durch schwierige Zeiten durchmanövrieren wollen, (…) dann heißt das auch, dass man manch schwierige Entscheidung mittragen muss”. Beim Eklat um die Richterwahl sei der traditionelle breite Konsens der demokratischen Mitte im Parlament gebrochen worden.

Der SPD-Co-Chef stellte sich vor die aus Teilen der Union kritisierte Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf. “Wenn eine Richterin eine kritische Position zu 218 hat, dann ist das mehr als legitim in unserem Land”, sagte Klingbeil. Eine Gesellschaft müsse kontroverse Diskussionen aushalten. Er warnte davor, politische Debatten nach dem Motto “1:0, ja, nein, schwarz-weiß” zu führen. “Das macht unsere Demokratie kaputt”, sagte Klingbeil. Das Bundesverfassungsgericht sei eine der wichtigsten Institutionen des Landes, das von Unabhängigkeit und von Vertrauen lebe.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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