Union will Wahl umstrittener Richterkandidatin verschieben

Berlin (Reuters) – Die Unionsfraktion will eine der Richterinnenwahlen für das Bundesverfassungsgericht am Freitag absetzen.

Kanzler Friedrich Merz und CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn hätten dies der SPD-Fraktion mitgeteilt, hieß es am Freitagmorgen aus Unionskreisen. Es gebe Plagiatsvorwürfe gegen die von der SPD nominierte Professorin Frauke Brosius-Gersdorf, hieß es. Diese Vorwürfe müssten zunächst aufgeklärt werden, weil eine Verfassungsrichterin über alle Zweifel erhaben sein müsse. Hintergrund ist aber auch, dass sich in den vergangenen Tagen zeigte, dass es in der Unionsfraktion erhebliche Vorbehalte gegen Brosius-Gersdorf gibt. Die SPD muss einer Änderung der Tagesordnung allerdings noch zustimmen. Die SPD-Fraktion will am Morgen in einer Sondersitzung über den Vorschlag der Union beraten.

Eigentlich sind für Freitag drei Abstimmungen über Richter für vakant werdende Stellen in Karlsruhe geplant. Die Unionsfraktion hat den Arbeitsrichter Günter Spinner nominiert, die SPD die Professorinnen Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold. Dabei sollte im Parlament zunächst über Spinner, dann über die SPD-Kandidatinnen abgestimmt werden.

Für die geheime Wahl im Bundestag am Freitag ist eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten nötig. Union, SPD und Grüne fehlen bei voller Besetzung des Bundestages sieben Stimmen zur Zweidrittelmehrheit. Diese könnte aber erreicht werden, wenn weniger Abgeordnete von Linken und AfD anwesend sind.

Die Union weigert sich, mit den Linken über eine Zusammenarbeit bei der Richterwahl zu sprechen, weil die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD und den Linken hat. Deshalb könnte es dazu kommen, dass Spinner nur mit Stimmen der AfD ins Amt kommen könnte, wovor Politiker von SPD; Grünen und Linken gewarnt hatten.

Auf der anderen Seite zeigte sich auch in der Sondersitzung der Unionsfraktion am Freitagmorgen, dass es bei CDU und CSU weiter Vorbehalte gegen Brosius-Gersdorf gibt, die etwa für eine liberale Politik zu Schwangerschaftsabbrüchen steht. Deshalb hatte die Fraktionsführung die SPD bereits gewarnt, dass sie nicht mehr garantieren könne, ob die Zweidrittelmehrheit bei der Wahl über die SPD-Nominierungen stehe.

(Bericht von Andreas Rinke, Markus Wacket; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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