Frankfurt/Veldhoven (Reuters) – Der anhaltend hohe Bedarf an Spezialchips für Künstliche Intelligenz (KI) hat dem niederländischen Chip-Anlagenbauer ASML einen überraschend hohen Auftragseingang beschert. “Gleichzeitig sehen wir weiterhin eine zunehmende Unsicherheit durch makroökonomische und geopolitische Entwicklungen”, sagte Christophe Fouquet, der Chef des weltweit führenden Anbieters von Maschinen zur Halbleiter-Produktion am Mittwoch. “Wir stellen uns zwar weiterhin ein Wachstum im Jahr 2026 vor, können es aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen.” Es wäre das erste Jahr ohne Umsatzplus seit 2012.
Finanzchef Roger Dassen erläuterte in einem auf der ASML-Internetseite veröffentlichten internen Interview, dass sich die direkten und indirekten Auswirkungen der US-Zollpolitik noch nicht abschätzen ließen. Sein Unternehmen arbeite aber gemeinsam mit den Zulieferern daran, die Effekte abzufedern.
ERMUTIGENDER AUFTRAGSEINGANG
Im abgelaufenen Quartal erreichten die Bestellungen den Angaben zufolge ein Volumen von 5,5 Milliarden Euro, rund eine Milliarde Euro mehr als erwartet. Die Hälfte dieser Summe entfiel auf hochmoderne, sogenannte EUV-Maschinen, die wegen der US-Beschränkungen für Hochtechnologie-Exporte nicht nach China exportiert werden dürfen. Der wichtigste ASML-Kunde ist TSMC, der weltgrößte Chip-Auftragsfertiger. Dieser produziert unter anderem Prozessoren für Nvidia und Apple.
Chinesische Kunden müssen mit der älteren DUV-Generation von ASML-Maschinen Vorlieb nehmen. Der befürchtete Einbruch der Nachfrage aus der Volksrepublik blieb dennoch bislang aus. Der dortige Markt trägt knapp 30 Prozent zum Gesamtgeschäft bei.
Dank der soliden Nachfrage im abgelaufenen Quartal mache er sich keine Sorgen um die Aussichten für das kommende Jahr, betonte Han Dieperink, Chef-Anleger des Vermögensverwalters und ASML-Aktionärs Aureus. Wegen der langen Lieferzeiten für die Chip-Maschinen schlagen sich Bestellungen von heute erst 2026 im Umsatz nieder.
Im Berichtszeitraum kletterten die Erlöse weiteren Angaben zufolge um mehr als 20 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro. Die operative Gewinnmarge lag bei überraschend starken 53,7 Prozent. Hier hätten sich unter anderem Einmal-Effekte positiv bemerkbar gemacht, erläuterte Konzern-Chef Fouquet. “Für das dritte Quartal erwarten wir Erlöse von 7,4 bis 7,9 Milliarden Euro und eine Marge zwischen 50 und 52 Prozent.” Im Gesamtjahr peilt der ASML-Chef ein Umsatzplus von 15 Prozent und eine Gewinnspanne von etwa 52 Prozent an. Außerdem stellte er eine Zwischendividende von 1,60 Euro je Aktie in Aussicht.
“Die Zahlen sind durch die Bank besser als erwartet”, lobte Analyst Michael Roeg vom Vermögensverwalter Degroof Petercam. Anleger reagierten dennoch enttäuscht. ASML-Aktien brachen an der Amsterdamer Börse zeitweise um knapp vier Prozent ein, so stark wie zuletzt bei den vorangegangenen Quartalsergebnissen, als der Auftragseingang die Markterwartungen verfehlt hatte.
(Bericht von Hakan Ersen und Nathan Vifflin, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)