– von Maria Martinez und Olivia Kumwenda-Mtambo
Durban (Reuters) – Überschattet vom Handelskonflikt hat das Finanzministertreffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer begonnen.
Gastgeber Südafrika forderte am Donnerstag eine stärkere internationale Zusammenarbeit ein, um ärmeren Staaten zu helfen. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil will die Zusammenarbeit Europas mit Afrika vertiefen. Er stellte zehn Millionen Euro der Weltbank in Aussicht, die Entwicklungsländern rund um den Globus hilft. Weil zahlreiche Minister in Durban fehlten, wurde nicht mit größeren Beschlüssen gerechnet. Klingbeil pochte auf eine baldige Einigung im schwelenden Handelskonflikt, der die Weltwirtschaft potenziell spürbar bremsen könnte.
Zur Eröffnung des Treffens sagte Südafrikas Finanzminister Enoch Godongwana, die G20-Gruppe müsse handeln. Viele Entwicklungsländer litten unter hohen Schulden und begrenzten Finanzspielräumen. “Das limitiert ihre Möglichkeiten, in ihre Leute und ihre Zukunft zu investieren.” SPD-Chef Klingbeil sagte mit Blick auf Afrika, angesichts der Handelskonflikte müssten Partnerschaften vertieft und neue aufgebaut werden. Deutschland habe seine Beziehungen zur südlichen Halbkugel zu lange vernachlässigt, während Russland und China ihren Einfluss vergrößert hätten. “Das müssen wir ändern.”
Unter deutscher G20-Präsidentschaft wurde 2017 die Initiative “Compact with Africa” ins Leben gerufen, um private Investitionen in Afrika zu fördern. Deutschland werde in diesem Jahr mit Unterstützung der Initiative einen ersten Beitrag von zehn Millionen Euro für den Treuhandfonds der Weltbank leisten. “Wir sind überzeugt, dass dies eine lohnende Investition ist, und wir würden uns freuen, wenn andere G20-Mitglieder sich uns anschließen würden”, so Klingbeil.
Die Finanzminister und Notenbankchefs beraten noch bis Freitag am Indischen Ozean. Das Treffen wird allerdings von hochrangigen Absagen überschattet, etwa aus den USA, Russland, Indien, Frankreich und Italien. Weil es in den vergangenen Jahren ohnehin starke Risse in der Gruppe gab, werden dadurch gemeinsame Initiativen zur Lösung internationaler Probleme noch unwahrscheinlicher. Klingbeil sagte, er sehe dennoch eine Zukunft für die G20. Es brauche solche Gesprächsformate. Die Vereinigten Staaten übernehmen nächstes Jahr den rotierenden G20-Vorsitz. Im Umfeld der US-Regierung hieß es, die Gesprächsgruppen sollten verkleinert und der Zeitplan gestrafft werden.
KLINGBEIL: BRAUCHEN HANDELSDEAL NOCH IM JULI
Der Handelskonflikt der EU mit den USA muss Klingbeil zufolge noch im Juli aufgelöst werden. “Das zieht sich jetzt schon sehr lange.” US-Präsident Donald Trump hat der EU ab August mit pauschalen Zöllen in Höhe von 30 Prozent gedroht, was besonders die exportabhängige deutsche Wirtschaft hart treffen würde. Klingbeil sagte, beide Seiten müssten mit dem zu erzielenden Kompromiss leben können. Die Hand der Europäer bleibe ausgestreckt, eine Lösung auf dem Verhandlungsweg sei das Ziel. “Wenn es nicht zu einem fairen Deal kommt, dann können wir auch entschlossen als Europäer handeln.” Die EU-Kommission hat zuletzt bereits einige potenzielle Gegenmaßnahmen vorbereitet. Trump sagte, ein Handelsabkommen mit der EU sei möglich.
Eine Eskalation im Zollstreit kann laut Bundesbank-Chef Joachim Nagel eine Rezession in Deutschland zur Folge haben. Derzeit sei davon auszugehen, dass es dieses Jahr hierzulande eine Stagnation gebe, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters in Durban. Bei einem Zoll-Hammer im August wäre eine leichte Rezession 2025 nicht mehr auszuschließen. Für 2026 veranschlagt die Bundesbank derzeit noch ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,7 Prozent. Dieses Wachstum würde “möglicherweise komplett aufgefressen werden durch die Zölle, die jetzt im Raum stehen”.
Nagel ergänzte, die EU sollte bei ihrer Verhandlungsstrategie nichts ausschließen. “Es geht am Ende darum, für Europa deutlich zu machen, dass man hier eine sehr selbstbewusste Politik machen kann.” Mehr als 70 Länder der Welt wiesen Europa als ihren wichtigsten Handelspartner aus. “Und ich denke, das muss auch die US-Regierung verstehen.”
(Geschrieben von Christian Krämer und Reinhard Becker, redigiert von Christian Rüttger.)