Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung erwartet, dass der EU-China-Gipfel am Donnerstag in einer angespannten Lage stattfindet.
Man habe ein “hohes Interesse” an dem Ausgang des Gipfels, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Montag in Berlin. “Die Gespräche der Kommission mit China finden im Rahmen der momentan durchaus angespannten Situation statt. Deswegen sind wir sehr interessiert, wie sich … die Regierung positioniert, auch der Europäischen Union gegenüber”, fügte er hinzu. Er betonte, dass es dabei nicht nur um Handelsfragen gehe. Hintergrund ist, dass die Bundesregierung, aber auch EU-Vertreter Peking immer wieder auffordern, seinen engen Verbündeten Russland zur Beendigung des Krieges in der Ukraine zu bewegen. Kornelius wies darauf hin, dass sich Kanzler Friedrich Merz in der zweiten Jahreshälfte stärker den Beziehungen zu Ländern in Südostasien und Ostasien widmen wolle. In Regierungskreisen wurde betont, dass es aber noch keine Reisedaten für die Ziele Indien, China und Japan gebe.
Am Donnerstag reist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu einem eintägigen Gipfel nach Peking. Es ist der erste EU-China-Gipfel seit Dezember 2023. Neben der Hilfe Chinas für Russland wird es auch um den hohen chinesischen Außenhandelsüberschuss mit Europa sowie um die chinesischen Beschränkungen bei der Ausfuhr von Seltenen Erden gehen, die für die Produktion von Hightech-Produkten gebraucht werden. “Wir sind alle interessiert an offenen, fairen Märkten, an Konsequenz und an WTO-konformen Handelsbedingungen”, mahnte der Regierungssprecher.
Abigail Vasselier, Expertin des China-Thinktanks Merics, dämpft aber die Erwartungen an das Treffen in Peking. China sehe die EU derzeit in einer schwachen Position und sei nicht zu Kompromissen bereit, sagte sie am Montag. Außerdem stecke die EU noch in schwierigen Zollverhandlungen mit den USA – und China fürchte bei einem Abschluss eine Rückwirkung auf das eigene Land. “China erwartet von Europa, dass es seinen Markt für chinesische Produkte offen hält – das betrifft etwa die Debatte um Zölle auf Elektroautos”, sagte Vasselier. Außerdem wolle China den Zugang zu europäischer Technologie erhalten. Sie verwies darauf, dass auch zwei chinesische Banken in dem 18. Sanktionspaket gelistet seien, das die EU gerade gegen Russland verabschiedet habe. Vor dem EU-China-Gipfel findet auch noch ein EU-Japan-Gipfel statt. Dabei soll es etwa um die Frage gehen, wie westliche Demokratien unabhängiger von chinesischen Lieferungen von Seltenen Erden werden können.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)