Bas bringt Tariftreuegesetz auf den Weg – Bundeswehr lange ausgenommen

– von Holger Hansen

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung will die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Einhaltung von Tarifverträgen knüpfen.

Arbeitsministerin Bärbel Bas brachte am Dienstag den entsprechenden Entwurf eines Tariftreuegesetzes auf den Weg. “Aufträge des Bundes sollen nur noch an Unternehmen vergeben werden, wenn sie tarifliche Standards gewährleisten”, erklärte die SPD-Politikerin. Die Regierung will damit die seit Jahrzehnten sinkende Tarifbindung stärken. Eine weitreichende Ausnahme ist für Aufträge der Bundeswehr vorgesehen, die bis Ende 2032 ausgenommen sind. Das Kabinett soll den Gesetzentwurf, der nun zwischen allen Ministerien abgestimmt wird, noch im Sommer beschließen.

Dem Reuters vorliegenden Entwurf zufolge müssen Arbeitgeber vertraglich zusichern, die einschlägigen Standards bei der Ausführung des Auftrags einzuhalten. Dabei müssen die Firmen nicht selbst tarifgebunden sein. Die Tariftreue soll sich neben dem Entgelt auch auf weitere Lohnbestandteile wie Zulagen oder Weihnachtsgeld beziehen. Das Gesetz soll frühestens Anfang 2026 in Kraft treten.

Die für eine Branche verbindlichen Standards legt das Arbeitsministerium auf Antrag einer Gewerkschaft oder eines Arbeitgeberverbandes per Rechtsverordnung fest. Der Antrag muss den Tarifvertrag benennen, dessen Arbeitsbedingungen in der Verordnung für verbindlich erklärt werden sollen. Eine neue Prüfstelle Bundestariftreue soll die Einhaltung der Vorgaben überprüfen. Bei Verstößen drohen Vertragsstrafen von bis zu zehn Prozent des Auftragswertes und die Kündigung des Auftrags. Zudem können Unternehmen von künftigen Vergaben ausgeschlossen werden.

ARBEITGEBER LEHNTEN FRÜHERE ENTWÜRFE KATEGORISCH AB

Bas verwies auf den 500-Milliarden-Euro-Sonderetat für Infrastruktur und Klimaneutralität. “Wir nehmen jetzt viel Geld in die Hand, um das Land nach vorne zu bringen”, sagte sie. Für die Modernisierung von Brücken, Krankenhäusern und Schulen würden viele öffentliche Aufträge vergeben. “Damit ist klar: Lohn-Dumping mit Steuergeld schieben wir einen Riegel vor.” Durch höhere Löhne werde zudem die Binnennachfrage gestärkt.

Von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) war eine Stellungnahme zunächst nicht zu erhalten. Sie hatten einen früheren Tariftreue-Entwurf der Vorgängerregierung kategorisch abgelehnt. Das Vorhaben scheiterte unter der Ampel-Regierung letztlich an Vorbehalten der FDP. Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD vereinbarte im Koalitionsvertrag einen neuen Anlauf. “Bürokratie, Nachweispflichten und Kontrollen werden wir auf ein absolutes Minimum begrenzen”, heißt es im Koalitionsvertrag.

In Deutschland wird weniger als die Hälfte aller Beschäftigten nach einem von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelten Tarifvertrag bezahlt. Im Jahr 2024 arbeiteten laut einer Erhebung des IAB-Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit rund 41 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit einem Branchentarifvertrag. Im Jahr davor waren es noch 42 Prozent. Weitere acht Prozent waren demnach in Betrieben mit einem Haustarifvertrag beschäftigt. Die Branchentarifbindung sank in den vergangenen fast 30 Jahren um 26 Prozentpunkte.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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