Washington (Reuters) – Trotz neuerlicher Kritik am Chef der unabhängigen US-Notenbank sieht Finanzminister Scott Bessent keinen Grund für dessen sofortigen Rücktritt.
Bessent sagte am Dienstag in einem Interview des Senders Fox Business Network zugleich, das Vermächtnis von Fed-Chef Jerome Powell sollte darin bestehen, die nicht-geldpolitischen Funktionen der Zentralbank auf das richtige Niveau zu bringen. Zuvor hatte er der Notenbank eine Ausweitung ihres Mandats vorgeworfen und eine Überprüfung ihrer nicht-geldpolitischen Aktivitäten gefordert.
Die Unabhängigkeit der Federal Reserve in der Geldpolitik sei durch die fortschreitende Ausweitung ihres Mandats jenseits ihrer Kernaufgabe gefährdet, kritisierte Bessent auf dem Kurznachrichtendienst X. Dies werfe einen Schatten auf die “wertvolle Unabhängigkeit” der Fed in der Geldpolitik.
Bessent erklärte, die Entscheidung der Fed, ein umfangreiches Renovierungsprojekt ihrer Zentrale zu einem Zeitpunkt zu starten, an dem sie operative Verluste verzeichne, müsse überprüft werden. Wer diese Überprüfung vornehmen solle, erklärte er nicht. Er habe “keine Kenntnis oder Meinung zur Rechtsgrundlage” des Projekts.
US-Präsident Donald Trump dringt auf deutlich niedrigere Leitzinsen. Er hat Fed-Chef Powell immer wieder scharf kritisiert und ihn zum Rücktritt aufgefordert. Jüngst kritisierte Trump zudem die 2,5 Milliarden Dollar teure Renovierung der fast 100 Jahre alten Fed-Zentrale in Washington, bei der der Budgetrahmen überschritten worden sei. Er deutete an, dass es sich um Betrug handeln könnte, was ein Grund für Powells Absetzung sein könnte. Kritik an der Ausrichtung der Geldpolitik wäre hingegen kein Grund.
Trumps Haushaltsdirektor Russell Vought hatte Powell jüngst Misswirtschaft und eine “pompöse Renovierung” des Fed-Gebäudes in Washington vorgeworfen. Powell hat Kostenüberschreitungen bereits eingeräumt, Vorwürfe einer luxuriösen Ausstattung aber zurückgewiesen. Das Projekt umfasse keine privaten Aufzüge oder VIP-Speisesäle und keinen neuen Marmor, es sei denn, der ursprüngliche Marmor sei beschädigt oder werde benötigt, um die Richtlinien des Denkmalschutzes einzuhalten. In einem Brief an Vought schrieb er: “Wir haben große Sorgfalt darauf verwandt, sicherzustellen, dass das Projekt sorgfältig überwacht wird, seit es erstmals 2017 vom Verwaltungsrat genehmigt wurde.”
(Bericht von Susan Heavey, Andrea Shalal, David Lawder, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)