Berlin (Reuters) – Die Wettbewerber der Deutschen Bahn im Güterverkehr warnen vor einer zunehmenden Verlagerung von Fracht auf LKW.
Grund dafür seien die explodierenden Trassenpreise für die Nutzung der Schiene. Der Verband der Güterbahnen sprach von einer “Bombe mit angezündeter Lunte” und legte am Dienstag einen Vorschlag vor, wie die Bundesregierung das System reformieren sollte. Ziel dabei ist es, dass Unternehmen bei jeder Zugfahrt nur noch die tatsächlich anfallenden Kosten in Rechnung gestellt werden. Der Bund müsste dann rund eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich tragen.
Die Trassenpreise – eine Art Schienenmaut – dürften nicht mehr so stark schwanken und häufig geändert werden, so der Verband. Sie sollten für jeweils fünf Jahre festgelegt werden, um Planungssicherheit zu haben. “Eine Höhe von circa zwei Euro pro Kilometer für den Standard-Güterzug wäre ideal”, sagte Güterbahnen-Geschäftsführer Peter Westenberger. Derzeit sind es mehr als 2,50 Euro, nächstes Jahr vermutlich über vier Euro. Sollte dies so kommen, würde der sogenannte kombinierte Verkehr mit einem Transport sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene leiden und dann allein von LKW übernommen werden. So würden die Einnahmen aus den Trassenpreisen fallen und mehr staatliche Subventionierung nötig machen oder weitere Preissteigerungen. Es hätte auch negative Folgen für das Klima und die Stausituation auf Autobahnen.
Im gegenwärtigen, seit 2017 geltenden System müssen Nutzer des Schienenetzes alle Infrastrukturkosten tragen. Das CDU-geführte Verkehrsministerium hat das Problem erkannt und will den rasanten Anstieg der Gebühren abmildern. In einem Referentenentwurf heißt es, das Eisenbahnregulierungsgesetz solle angepasst werden. Festgeschrieben werden solle dort, dass der Bund von der gemeinwohlorientierten Infrastrukturtochter der staatseigenen Deutschen Bahn (DB) eine deutlich niedrigere Eigenkapitalverzinsung verlangen will. Sobald dies verankert ist, dürften die Trassenentgelte weniger stark zulegen.
Laut Güterbahnen-Verband könnte dies immerhin rund 70 Cent pro Kilometer ausmachen. Würde die Bahn-Tochter DB InfraGO gar keinen Gewinn machen müssen, wären es sogar 1,40 Euro pro Kilometer. “Staatlich finanzierte Infrastruktur darf keine Renditemaschine sein”, forderte Westenberger. Das geltende System habe dazu geführt, dass das Schienennetz seit 2016 nur etwas stärker genutzt werde, die Trassenpreise aber deutlich höher lägen.
BAHN-INFRASTRUKTURTOCHTER MUSS RENDITE EINFAHREN
Das Eigenkapital der DB InfraGO muss laut Gesetz verzinst werden. Bisher wurde ein Satz von rund sechs Prozent gebilligt. Um diese Verzinsung zu erwirtschaften, müssen dann auch die Trassengebühren entsprechend steigen. Sie gelten als wichtiges Instrument, das über die Konkurrenzfähigkeit der Bahn gegenüber LKW entscheidet. Künftig dürfte der Satz Schätzungen zufolge nur noch bei gut zwei Prozent liegen.
Deutschland liegt bei den Investitionen in die Schiene mittlerweile im europäischen Mittelfeld. 2024 lagen laut “Allianz pro Schiene” die staatlichen Investitionen auf dem Rekordniveau von 198 Euro pro Kopf. Gegenüber 2023 entspricht dies einem Plus von satten 74 Prozent. Experten kritisieren zum Teil, dass aber der Aus- und Neubau des Schienennetzes zu kurz kommt – trotz des neuen 500 Milliarden Euro schweren Sondertopfes zur Modernisierung der Infrastruktur. Am meisten Geld pro Kopf wurde 2024 in Luxemburg (587 Euro), der Schweiz (480) und Österreich (352) ausgegeben.
(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)