Regierung bringt schnellere Bundeswehr-Aufrüstung auf den Weg

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung macht Tempo bei der Aufrüstung und plant beschleunigte Käufe sowie den schnelleren Aufbau von Stützpunkten.

So soll der Zwang zu Ausschreibungen bei Rüstungsaufträgen und Umweltstandards etwa beim Kasernenbau gelockert werden, wie der am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf vorsieht. Angesichts der Bedrohung durch Russland gelte: “Entscheidend ist der Faktor Zeit”, heißt es im Entwurf. “Wir nehmen nochmal deutlich Tempo auf bei der Beschaffung von Material”, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Das Gesetz sei für die Verteidigungsfähigkeit ein echter Quantensprung. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) betonte, dass alle Rüstungsgüter aber auch zivile vom Gesetz erfasst würden. “Die Bundeswehr muss schneller, effizienter, einfacher und technologisch auf der Höhe der Zeit beschaffen können.”

Das Vorhaben erweitert ein erstes Gesetz aus dem Jahr 2022, dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Bereits damals wurden Beschaffungen beschleunigt, ebenso wie der Aufbau von Flüssiggas-Terminals, die die Abhängigkeit von russischem Gas beenden sollten. Angesichts der neuen Nato-Ziele und der Pläne, die Bundeswehr deutlich zu vergrößern, muss auch die Infrastruktur mitwachsen. Am Mittwochnachmittag sollte sich Pistorius noch mit den Vertretern der Rüstungsindustrie treffen, um über die schnelle Beschaffung zu sprechen.

Dafür sieht der Entwurf zahlreiche Einzelregelungen vor: Die Produktion von Waffen, Munition und Kriegsmaterial auf dem Bundesgebiet erhält Vorrang, da sie ein “wesentliches Sicherheitsinteresse” darstelle. Bei Dringlichkeit kann ganz auf Ausschreibungen verzichtet werden. Größere Aufträge müssen nicht mehr in kleiner Ausschreibungen aufgeteilt werden. Die Schwelle würde von 15.000 Euro auf über 440.000 Euro angehoben, sagte Pistorius. So könnten fast 8000 Aufträge schneller bearbeitet werden.

Beschwerden vor Gericht nach Vergaben sollen dem Entwurf zufolge keine aufschiebende Wirkung haben. Besonders berücksichtigt und geschützt werden auch militärische Flughäfen. In der Nähe von Radargeräten zur Flugüberwachung darf zudem nicht gebaut werden. Dies hatte Protest bei der Windindustrie ausgelöst, die Einschränkungen beim Bau von Windrädern befürchtet. Das Gesetz soll zunächst für zehn Jahre gelten.

RÜSTUNGSBRANCHE FORDERT ENGE KOOPERATION

Der Verband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) sprach von einem positiven Signal. Hinderliche “Luxus-Regularien” würden abgeschafft, sagte Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien. “Für beide Seiten bleibt dies dennoch in der praktischen Umsetzung eine große Herausforderung”, warnte er. Man brauche die Kooperation der Besteller.

Der Verband der Informations- und Telekom-Branche (Bitkom) nannte das Gesetz von 2022 ungenügend und verlangte mit dem neuen Vorhaben einen Mentalitätswandel. “Notwendig ist ein echter Kulturwandel, mit einem Abschied von der Null-Fehler-Kultur und einer überbordenden Bürokratie und hin zu Smart Defense”, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. “Verteidigungsfähigkeit wird heute mindestens so sehr durch digitale Technologien und Software definiert wie durch Fregatten und schweres Gerät.” Digitalisierung bedeute Innovationszyklen von Monaten oder Wochen – das müsse sich auch im Beschaffungsprozess widerspiegeln.

(Bericht von Markus Wacket, redigiert von)

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