Nestle stellt Teilbereich auf Prüfstand und saniert China-Geschäft

Zürich (Reuters) – Der Schweizer Nahrungsmittelriese Nestle treibt seinen Konzernumbau nach einem Gewinnrückgang im Halbjahr wegen gestiegener Marketingausgaben und Rohstoffpreise weiter voran.

Der seit knapp einem Jahr amtierende Konzernchef Laurent Freixe stellt das schwächelnde Geschäft mit günstigeren Vitaminen, Mineralstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln auf den Prüfstand. Die vor allem in den USA vertriebenen Marken mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Franken könnten verkauft werden. Auch das China-Geschäft will Freixe wieder auf Vordermann bringen.

“Wir ergreifen heute die richtigen Maßnahmen, um unsere Wachstumsgrundlagen für die Zukunft zu stärken, und wir sind weiterhin zuversichtlich, dass wir unsere mittelfristigen Ziele erreichen werden”, erklärte Freixe am Donnerstag. Der Firmenveteran hatte das Steuer von Nestle im September übernommen, nachdem sein Vorgänger Mark Schneider unter anderem über das maue Wachstum des Herstellers von Nespresso, Maggi und KitKat gestolpert war. Mit einem Umsatzwachstum aus eigener Kraft von 2,2 Prozent hatte Nestle 2024 den tiefsten Wert seit mindestens 25 Jahren markiert. Freixe steuert nun gegen und will unter anderem mit höheren Marketing-Ausgaben das Wachstum ankurbeln.

Im ersten Halbjahr konnte er erste Erfolge einheimsen. Das vom Markt stark beachtete organische Umsatzwachstum, das Wechselkurseinflüsse sowie Zukäufe und Verkäufe von Geschäftsbereichen ausklammert, legte vor allem dank Preiserhöhungen um 2,9 Prozent zu. Die reine Volumenentwicklung bezeichneten Analysten allerdings als enttäuschend. “Wir befürchten, dass diese Zahlen nicht ausreichen, um die Bedenken hinsichtlich des Tempos der Volumenerholung zu zerstreuen”, hieß es von Citi.

An der Börse sackte die Nestle-Aktie um 5,5 Prozent auf 73,51 Franken ab und rutschte damit gemessen am Stand von Anfang Jahr ins Minus. Anfang 2022 hatten die Titel bei knapp 130 Franken einen Höchststand erreicht. Im gleichen Zeitraum haben die Rivalen Unilever und Danone deutlich zugelegt. Auf die Frage, wie lange er Nestle-Chef bleiben wolle, erklärte Freixe: “Wenn der Verwaltungsrat will, dass ich bleibe, was der Fall zu sein scheint, und wenn die Bedingungen es zulassen, bin ich mittel- bis langfristig dabei.”

NEUES MANAGEMENT IN CHINA

In den ersten sechs Monaten 2025 sank der Konzernumsatz um 1,8 Prozent auf 44,2 Milliarden Franken. Enttäuschend verlief das Geschäft im Großraum China, wo der organische Umsatz um 4,2 Prozent schrumpfte. Freixe hat bereits das lokale Management ausgewechselt und will weitere Maßnahmen ergreifen, um die Wende zu schaffen. Nestle geht allerdings davon aus, dass es bis zu einem Jahr dauert, um zu nachhaltigem Wachstum zurückzukehren.

Das Geschäft mit Vitaminen, Mineralstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln hatte Freixes Vorgänger Mark Schneider erst 2021 für 5,8 Milliarden Dollar gekauft. Auch wenn Nestle zum Schluss komme, das Geschäft mit den preiswerten Produkten aus diesem Portfolio zu verkaufen, solle am restlichen Geschäft mit medizinischer Ernährung und Nahrungsergänzungsmitteln (Nestle Health Science) festgehalten werden. Insgesamt kam Nestle Health Science im Halbjahr auf einen Umsatz von 3,2 Milliarden Franken. Themen wie gesundes Altern, Gewichtsmanagement oder Frauengesundheit böten enorme Möglichkeiten, erklärte Freixe. “Das bleibt also absolut zentral.” Nestle ist seit Jahren dabei, das Produktportfolio umzubauen.

In den ersten sechs Monaten hinterließen höhere Ausgaben für Marketing sowie gestiegene Rohstoffpreise Bremsspuren in der Konzernbilanz. Der Gewinn sank um 10,3 Prozent auf 5,07 Milliarden Franken. Die bereinigte operative Gewinnspanne verringerte sich auf 16,5 Prozent von 17,4 Prozent in der Vorjahresperiode. “Wir halten an unserem Ausblick für 2025 fest, wobei wir die gestiegenen makroökonomischen Risiken und Unsicherheiten anerkennen”, erklärte Freixe. So rechnet er weiterhin mit einem organischen Umsatzwachstum über den 2,2 Prozent des Vorjahres und einer bereinigten operativen Gewinnmarge von mindestens 16,0 Prozent.

(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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