Umfrage: Viele deutsche Unternehmen schieben US-Investitionen auf

Berlin (Reuters) – Jedes dritte deutsche Industrieunternehmen rechnet wegen der Zollpolitik von Präsident Donald Trump mit einem Bedeutungsverlust des US-Marktes.

Sie erwarten eine Verschiebung globaler Handelsbeziehungen weg von der weltgrößten Volkswirtschaft, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag zu seiner Umfrage unter 1500 Betrieben mitteilte. Demnach gehen nur 17 Prozent von einer Zunahme aus.

Mehr als 60 Prozent beklagen Auswirkungen der seit Jahresbeginn nach Trumps Amtsantritt eingeführten US-Zölle. Besonders betroffen sehen sich exportstarke Branchen wie der Maschinenbau (87  Prozent) und die Metallerzeugung (68  Prozent). Selbst Firmen mit US-Standorten leiden den Angaben nach unter den Zöllen: Mehr als 80  Prozent berichten über spürbare Nachteile. “Trumps Zölle sind ein tiefgreifender handelspolitischer Schock – sie zwingen Unternehmen, globale Märkte neu zu bewerten und Investitionen neu auszurichten”, sagte Ifo-Handelsexperte Andreas Baur.

Viele reagieren bereits konkret. Fast 30  Prozent der Unternehmen mit Investitionsplänen in den USA haben Projekte verschoben, 15 Prozent haben sie ganz gestrichen. Aber auch Investitionen in Deutschland geraten wegen der Zollpolitik ins Stocken: 21 Prozent verschieben Projekte, acht Prozent berichten von der Streichung von Investitionen. “Besonders Firmen, die negativ von den Trump-Zöllen betroffen sind, entscheiden sich dazu, Investitionen in Deutschland zu verschieben oder zu streichen”, fand das Institut heraus.

Mit dem erwarteten Bedeutungsverlust des US-Marktes sehen zugleich jeweils rund 40 Prozent wachsende Absatzchancen im EU-Binnenmarkt und auf dem indischen Markt. Mit einem schrumpfenden Handel rechnet hier kaum ein Unternehmen. Über den chinesischen Markt gehen die Meinungen auseinander: 17 Prozent erwarten eine abnehmende, 25 Prozent eine zunehmende Bedeutung für ihr Unternehmen. Zudem gehen 59  Prozent davon aus, dass chinesische Anbieter infolge der US-Zölle verstärkt auf europäische Märkte drängen. Das dürfte den Wettbewerbsdruck auch auf die deutsche Industrie erhöhen.

“Damit deutsche Unternehmen auch künftig im internationalen Wettbewerb bestehen können, muss die Politik für verlässliche Rahmenbedingungen sorgen und den Zugang zu neuen Märkten erleichtern”, sagte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach. Die EU sollte etwa das Mercosur-Abkommen mit lateinamerikanischen Staaten zügig ratifizieren, weitere Handelsabkommen vorantreiben und gleichzeitig Barrieren im Binnenmarkt abbauen.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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