Frankfurt (Reuters) – Die Hoffnung auf eine Handelseinigung der EU mit den USA und robuste Firmenbilanzen haben Europas Börsen am Donnerstag beflügelt.
Der deutsche Leitindex Dax stieg um bis zu 1,1 Prozent auf 24.514 Punkte und näherte sich damit seiner vor zwei Wochen markierten Bestmarke. Der EuroStoxx50 zog um 0,8 Prozent an.
Für den Markt dürften die Zollgespräche mit den USA relevanter sein als die am Nachmittag anstehende Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank, bei der keine Änderungen an den Leitzinsen erwartet werden. Nach Japan steuert die Europäische Union Diplomaten zufolge auf ein Handelsabkommen mit den USA zu, das ebenfalls einen Basiszoll von 15 Prozent auf EU-Waren beinhalten könnte. Damit scheinen sich die Anleger anfreunden zu können. “Ob aber das bei Donald Trump in den vergangenen Jahren mehr und mehr in Ungnade gefallene Europa dieselbe Sanftheit zu spüren bekommt wie Japan, muss abgewartet werden”, warnte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege von RoboMarkets. Der US-Präsident bleibe unberechenbar. “Das Kartenhaus an der Frankfurter Börse könnte schneller wieder in sich zusammenfallen als gedacht.”
ÖL UND KUPFER TEURER – GOLD GIBT NACH
Industriemetalle konnten im Zuge der höheren Risikofreude an den Börsen zulegen. Der Kupferpreis kletterte um 0,3 Prozent auf 9917 Dollar pro Tonne. Am Ölmarkt verteuerte sich die Sorte Brent um 0,8 Prozent auf 69,05 Dollar pro Barrel. Die Nachfrage der Anleger nach sicheren Häfen nahm ab. Der Goldpreis sank um 0,4 Prozent auf 3373 Dollar je Feinunze.
Der Euro verlor 0,1 Prozent auf 1,1763 Dollar, nachdem sich die Verbraucherstimmung in Deutschland überraschend weiter eingetrübt hat. Ökonomen zufolge ist das kein gutes Zeichen für die Konjunktur in Europas größter Volkswirtschaft. Beim EZB-Zinsentscheid rechnen Börsianer damit, dass die Währungshüter den Einlagesatz zur Steuerung der Geldpolitik nach acht Lockerungsschritten bei 2,0 Prozent belassen werden. “Das Umfeld bleibt schwierig und daher wird sich die EZB nicht auf einen geldpolitischen Kurs im Voraus festlegen”, sagten die Strategen der Helaba. “Der Einfluss der Trumpschen Zollpolitik auf die Inflation und die Konjunktur lässt sich bislang noch nicht klar abschätzen.” Unterdessen wird US-Präsident Trump am Donnerstag die Federal Reserve besuchen. Dies könnte die Spannungen zwischen der Regierung und der US-Zentralbank verschärfen.
DEUTSCHE BANK GLÄNZEN – STMICRO STÜRZEN AB
Für gute Laune am Aktienmarkt sorgten erfreuliche Firmenbilanzen. Aktien der Deutschen Bank hoben nach einer deutlichen Gewinnsteigerung im Quartal um bis zu 7,1 Prozent auf 28,28 Euro ab und lagen an der Dax-Spitze. Der europäische Bankenindex legte knapp zwei Prozent zu. “Der zwischendurch ins Wanken geratene deutsche Branchenprimus ist wieder zurück auf der Erfolgsspur und damit auf einem sehr guten Weg, das selbst gesteckte und von vielen vor einem Jahr noch belächelte Ziel einer Eigenkapitalrendite von zehn Prozent im Gesamtjahr zu erreichen”, sagte Stratege Molnar. Die Aktien der Fondsgesellschaft DWS stiegen um mehr als fünf Prozent.
Zweitgrößter Dax-Gewinner waren mit einem Plus von vier Prozent die Aktien der Deutschen Telekom, die von guten Zahlen der US-Tochter profitierten. T-Mobile lockte im zweiten Quartal überraschend viele Neukunden an und hob die Jahresziele an. In London zogen Vodafone um 2,3 Prozent an und standen so hoch wie seit Mai 2023 nicht mehr. Der Konzern verzeichnete ein organisches Umsatzwachstum von 5,5 Prozent im Quartal und sieht sich auf dem deutschen Markt kurz vor der Rückkehr zu Wachstum.
Bei den Kleinwerten im SDax kappten die IT-Firma GFT Technologies und der Personaldienstleister Amadeus Fire ihre Prognosen. Die Aktien brachen jeweils um mehr als 13 Prozent ein.
An der Pariser Börse tauchten die Papiere von STMicroelectronics um mehr als 13 Prozent ab, so stark wie zuletzt vor etwa einem Jahr. Abschreibungen und Restrukturierungskosten brockten dem Chip-Hersteller den ersten Verlust seit mehr als einem Jahrzehnt ein.
(Bericht von Anika Ross, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)