Israel und USA ziehen Verhandlungsdelegationen für Konsultationen ab

Jerusalem/Kairo (Reuters) – Israel und die USA haben ihre Delegationen von den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen am Donnerstag für interne Beratungen zurückbeordert.

Dies geschah, nachdem die radikal-islamische Hamas eine neue Antwort auf einen Vorschlag für eine Feuerpause und die Freilassung der Geiseln übermittelt hatte. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu teilte mit, die Unterhändler kehrten für “weitere Konsultationen” nach Jerusalem zurück.

Später erklärte der US-Sondergesandte Steve Witkoff, dass die US-Delegation ebenfalls zu Beratungen nach Hause beordert worden sei. “Obwohl die Vermittler große Anstrengungen unternommen haben, scheint die Hamas weder koordiniert noch in gutem Glauben zu handeln”, erklärte er auf X. Es würden nun Alternativen geprüft, die Geiseln freizubekommen. Eine ranghohe Quelle der Hamas sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es gebe weiterhin eine Chance auf eine Einigung. Dies werde nun aber einige Tage dauern.

Der neuen Antwort der Hamas zufolge soll eine Klausel verhindern, dass Israel den Krieg wieder aufnimmt, falls innerhalb der 60-tägigen Waffenruhe keine endgültige Einigung erzielt wird. Ein ranghoher israelischer Beamter wurde von lokalen Medien mit den Worten zitiert, der neue Text sei etwas, womit Israel arbeiten könne. Der israelische Fernsehsender Channel 12 berichtete jedoch, eine schnelle Einigung sei nicht in Reichweite, da es weiterhin Differenzen gebe, etwa über die Frage, wohin sich das israelische Militär während einer Waffenruhe zurückziehen solle.

Ein palästinensischer Vertreter, der den Gesprächen nahesteht, sagte, die jüngste Position der Hamas sei “flexibel, positiv und berücksichtige das wachsende Leid im Gazastreifen”. Beide Seiten stehen unter massivem Druck, eine Einigung zu erzielen, während sich die humanitäre Lage im Gazastreifen dramatisch verschlechtert. Gesundheitsbehörden zufolge sind in den vergangenen Wochen Dutzende Menschen verhungert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte am Mittwoch mit, unter den in diesem Jahr an Unterernährung Verstorbenen seien 21 Kinder unter fünf Jahren. Der britische Premierminister Keir Starmer teilte mit, er wolle am Freitag mit Frankreich und Deutschland beraten, was getan werden könne, um die notleidende Bevölkerung mit den dringend benötigten Lebensmitteln zu versorgen und das Sterben zu stoppen.

Israel hatte die Versorgung des Gebiets Anfang März unterbrochen und im Mai mit neuen Beschränkungen wieder geöffnet. Hilfsgüter würden zugelassen, müssten aber kontrolliert werden, teilte die Regierung mit. Die Vereinten Nationen geben an, sie arbeiteten unter den von Israel auferlegten Bedingungen so effektiv wie möglich. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es: “Humanitäre Helfer brauchen Sicherheit, um helfen zu können. Wegen unzureichender israelischer Sicherheitszusagen können die Vereinten Nationen Hilfsgüter nicht sicher an den Grenzübergängen im militärischen Sperrgebiet in Gaza abholen und zu den Bedürftigen bringen.”

“DIE FÜHRUNG AM HOTELPOOL”

Der Krieg dauert bereits seit fast zwei Jahren an. Er begann mit einem Angriff der Hamas auf den Süden Israels, bei dem etwa 1200 Menschen getötet und 251 Geiseln verschleppt wurden. Seither hat Israel nach palästinensischen Angaben fast 60.000 Menschen im Gazastreifen getötet, den Großteil des Gebiets zerstört und fast die gesamte Bevölkerung zur Flucht gezwungen. Auch am Donnerstag setzte das israelische Militär seine Angriffe fort. Im Zentrum des Gazastreifens wurden bei Luft- und Panzerangriffen mindestens acht Menschen getötet.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, wies auf eine mögliche Spaltung der Hamas hin. “Während die Kommandeure der Hamas im Gazastreifen unter Druck stehen und über Lösungen nachdenken, kämpft die Führung am Hotelpool in Katar um ihr politisches Vermächtnis”, sagte Prosor der Nachrichtenagentur Reuters. Einseitige Kritik an Israel wie etwa die Erklärung zahlreicher westlicher Staaten von Anfang der Woche “liefert den politischen Hardlinern die Argumente für den Machtkampf in der Terrororganisation”, sagte Prosor. “Jede einseitige Verurteilung gegenüber Israel stärkt ihre Hoffnung, mit neuen, inakzeptablen Forderungen dieses Ziel zu erreichen.”

(Bericht von Crispian Balmer, Nidal al-Mughrabi, Ahmed Elimam und Maayan Lubell; Bearbeitet von Alexander Ratz und Kerstin Dörr; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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